Change-ManagementWarum braucht es Veränderungen und Change-Management?

Es kann viele Anlässe und Auslöser für Change-Management geben. Veränderungsbedarf entsteht dann in ganz unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens. Change-Projekte werden initiiert, wenn das Unternehmen einen strategischen Wendepunkt erreicht hat, wenn es innovativ ist, neue Technologien einführt, Kosten sparen muss, plötzlich starken Wettbewerb erlebt oder einen Kulturwandel braucht.

Change-Management wegen neuer Geschäftsstrategien

Die Geschäftsleitung entwickelt eine grundlegend neue Strategie für das Unternehmen, mit der sie meint, die Anforderungen des Marktes zu erfüllen, dem Wettbewerb zu begegnen und das Unternehmen langfristig erfolgreich zu machen. Man spricht auch von sogenannten „strategischen Wendepunkten“ für das Unternehmen. Beispiele können sein:

  • Eintritt in neue Märkte, neue Absatzregionen oder Ansprache ganz neuer Zielgruppen
  • Übernahme eines anderen Unternehmens und Integration der Produktpalette und mehrerer Unternehmensteile
  • Verkauf von Geschäftsbereichen und neue Verteilung der verbliebenen Aufgaben
  • vollständige Neuausrichtung des Produktportfolios mit ganz neuen Leistungsangeboten oder der Eliminierung mehrerer Produkte
  • neue Geschäftsmodelle aufgrund von technologischen Umwälzungen oder völlig neuen Wettbewerbern
  • Aufbau von Partnerschaften und Netzwerken

Strategische Wendepunkte ergeben sich meist dann, wenn

  • sich der Wettbewerb stark verändert; zum Beispiel durch neue Konkurrenten aus China im Bereich Elektroautos
  • neue Spielregeln am Markt gelten; zum Beispiel durch neue Technologien wie die Künstliche Intelligenz oder durch neue Gesetze wie das Gebäudeenergiegesetz
  • eine neue Phase im Lebenszyklus eines Unternehmens erreicht wird; vom Start-up über Wachstum, Konsolidierung ...

Beispiele: Change-Management bei E.ON und RWE

Mit Klimawandel und Atomunglück in Fukushima hat sich die Energiepolitik in Deutschland und in vielen anderen Ländern radikal verändert. Mit Gesetzen und Förderprogrammen werden regenerative Energien vorangebracht.

Das führt zu weitreichenden Konsequenzen für die bislang etablierten großen Energieerzeuger. Sie mussten Atomkraftwerke abschalten und zukünftig den Bestand an Kohlekraftwerke reduzieren. Gleichzeitig müssen sie sich auf starken Wettbewerb durch Anbieter von Öko-Strom einstellen.

E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW entwickeln neue Strategien und suchen nach rentablen Geschäftsfeldern. Das führt zu weitreichenden Veränderungen bei vielen Mitarbeitenden: Schließung von Betrieben, Ausgliederung in andere Unternehmen, neue Kundenanforderungen ...

Neue Produkte erfinden und Innovationen im Markt einführen

Ein Unternehmen erfindet und entwickelt neue Produkte oder Dienstleistungen, die es dann im Markt als Innovation einführen und erfolgreich vermarkten will. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen sich mit den neuen Produkten auseinandersetzen, sie verstehen und an andere vermitteln.

Innovationen setzen neue oder andere Kompetenzen voraus, die erworben werden müssen. Das kann umfassen:

  • Neue Partnerschaften müssen aufgebaut, entwickelt und gepflegt werden.
  • Es müssen weitere innovative Produkte erfunden und angeboten werden.
  • Daraus können andere Geschäftsmodelle resultieren, die verstanden und umgesetzt werden müssen.
  • Neue Zielgruppen müssen gefunden und angesprochen werden.
  • Die Produktionsprozesse und Dienstleistungsprozesse müssen anders gestaltet werden.
  • Die Mitarbeitenden brauchen neues, spezielles Know-how zu Produkten, Dienstleistungen, Herstellverfahren und zur Ansprache von Zielgruppen und Kunden.

Beispiel: Change-Management bei Apple

Der amerikanische Computerbauer hat mit der Jahrtausendwende erkannt, dass die Musikindustrie in Zukunft ganz anders funktioniert. Die Kunden kaufen keine CDs, sondern teilen sich die Musik über das Internet oder laden sich einzelne Musikstücke auf die unterschiedlichsten mobilen Musikplayer herunter. Dafür hat Apple iTunes erfunden. Das Unternehmen hat Partnerschaften mit Musik-Labels aufgebaut, eine Technologie eingerichtet und ein neues Geschäftsmodell etabliert (Pay per Song).

Nur wenige Jahre später drängten erste Streaming-Anbieter in diesen Markt. Sie ersetzten Pay per Song durch Pay per Month. Spotify hat sich schnell als Marktführer etabliert. Apple versucht, die Marktführerschaft zurückzugewinnen.

Die goldenen Jahre mit dem iPhone neigen sich dem Ende zu. Die Smartphone-Märkte sind gesättigt, mit echten Innovationen tun sich alle Anbieter schwer. Deshalb sucht Apple nach anderen, bahnbrechenden Innovationen: mehr kostenpflichtige Services aus dem Apple-Universum, die Apple-Watch, Gesundheitsdienste, Fitness sind vielleicht die zukünftigen Umsatz- und Gewinnbringer.

Ein weiteres neue Geschäftsfeld hätte das iCar (Apple-Auto) sein können. Dazu müssen das Unternehmen und seine Mitarbeitenden verstehen, wie Autos entwickelt, gebaut und vermarktet werden. Apple hat deshalb Experten von etablierten Auto-Herstellern abgeworben, um deren Know-how zu nutzen. Doch bislang wurde daraus nichts; es scheint, dass Apple sich von den Autobauplänen wieder verabschiedet.

Neue Technologien im Unternehmen einführen

Unternehmen setzen neue Technologien, beispielsweise Informations- oder Produktionstechnologien, ein, die von den Mitarbeitenden erlernt und beherrscht werden müssen. Der Einsatz kann in den Produkten oder im Unternehmen selbst erfolgen. Damit können verbunden sein:

  • Schnittstellen müssen definiert und eingerichtet werden.
  • Prozesse und Aufgaben ändern sich für die Mitarbeitenden.
  • Alle müssen geschult werden, um die Technologien richtig anzuwenden und zu beherrschen.
  • Es braucht eigenständige Abteilungen für Wartung und Pflege.
  • Datenschutz und Datensicherheit müssen beachtet werden.
  • Die Haftungsrisiken (Produkthaftung) für das Management verändern sich.

Beispiel: Change-Management bei Allianz Online

Der Versicherungskonzern Allianz hat erkannt, dass viele Versicherungskunden das Internet und Smartphone als Kaufkanal und Kommunikationsweg nutzen. Deshalb ist „Online“ eine wichtige Strategie der Allianz. Dazu müssen Apps entwickelt und Webseiten etabliert, gepflegt und ausgebaut werden.

Mit KI-Tools wie ChatGPT werden sich auch in Zukunft viele Prozesse bei der Versicherung verändern. Das reicht von der Kundenberatung durch einen KI-Bot bis hin zum Versicherungsbetrug durch KI-generierte Schadensfälle. Die Allianz und andere Versicherer investieren deshalb viele Milliarden in die neuen Technologien.

Es braucht aber nicht nur neue Technik, auch die bisherigen Vertriebskanäle über Versicherungsvertreter, Versicherungsagenturen und Versicherungsmakler verändern sich gewaltig. Prozesse müssen neu gestaltet werden, und vor allem müssen sich die Betroffenen neu ausrichten und ihre Rollen und Aufgaben neu erfinden.

Organisation und Prozesse neu ausrichten

Die Aufbau- und Ablauforganisation eines Unternehmens werden verändert. Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der Führungskräfte und Mitarbeitenden werden neu definiert, und Prozesse und Verfahren im Unternehmen anders geregelt.

Dadurch ändern sich insbesondere Stellenbeschreibungen und Organigramme und damit die Aufgaben, Befugnisse und die Verantwortung einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gründe können sein:

  • neue gesetzliche Anforderungen
  • neue Geschäftsleitung
  • Unternehmen wächst oder muss schrumpfen
  • Unternehmensteile werden verkauft oder ausgelagert (Outsourcing)
  • Kosten müssen gespart werden

Die Prozesse eines Unternehmens sind sein Nervensystem. Nur wenn sie reibungslos funktionieren, kann das Unternehmen arbeiten, Ziele erreichen und die Anforderungen der Kunden erfüllen. Auch die Mitarbeiterzufriedenheit hängt von der Prozessqualität ab. Durch Reorganisationsprojekte, veränderte Kundenanforderungen oder gesetzliche Vorgaben müssen bestehende Abläufe immer wieder verändert oder angepasst werden. Die Betroffenen müssen sich darauf einstellen.

Beispiel: Change-Management bei Triumph International

Das Unternehmen stellt Bodywear und Dessous her und vertreibt diese. Mitte 2015 gibt das Unternehmen in einer Pressemeldung bekannt:

„Triumph International optimiert seine globale Lieferkette. Dies geschieht vor dem Hintergrund schrumpfender Märkte, steigender Produktionskosten und global schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen. … Um [die Ziele] zu erreichen, wird das Unternehmen kostenintensive Kapazitäten reduzieren. Komplexe und strategisch bedeutsame sowie hoch innovative Produkte werden weiterhin in eigenen Werken hergestellt. …

Triumph [wird sich] bis Ende des Jahres 2015 von dem unternehmenseigenen ungarischen Produktionsstandort in Dunaújváros mit 412 Arbeitsplätzen und von dem österreichischen Nähzentrum in Oberwart mit 210 Arbeitsplätzen trennen. Das österreichische Netzwerk wird sich auf die Marke sloggi fokussieren und so effektiver und effizienter produzieren. Das ungarische Werk soll verkauft werden. Diese Entscheidungen wirken sich auch auf insgesamt 170 Positionen am Standort Wiener Neustadt in aus, da mehrere der Supportfunktionen dort direkt oder indirekt mit den Produktionsstandorten in Oberwart und Dunaújváros verbunden sind.“

Verhalten und Einstellungen der Beschäftigten verändern

Verhalten und Einstellungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestimmen maßgeblich, wie leistungsfähig eine Organisation ist, welche Stimmung in der Belegschaft herrscht und wie das Betriebsklima ist. Außerdem kann das Image des Unternehmens davon geprägt sein.

Durch neue Kollegen, einen Wertewandel in der Gesellschaft und veränderte Einstellungen zu Beruf und Arbeit ergeben sich ständig neue Anforderungen an die Beschäftigten, insbesondere auch an die Führungskräfte eines Unternehmens. Beispiele sind:

  • Mitarbeitende wollen vermehrt in Teilzeit arbeiten.
  • Sie wollen im Homeoffice arbeiten.
  • Sie sind durch E-Mails auch in der Freizeit ständig erreichbar.
  • Die Zusammensetzung der Belegschaft ändert sich; Teams bestehen aus Menschen unterschiedlicher Kulturen und unterschiedlichen Alters.

Oft liegt es im Interesse eines Unternehmens, das eigene Image zu verändern. Dafür braucht es intern eine neue Organisationskultur. Das setzt bei den Beschäftigten an, die ihr Verhalten ändern müssen; sie sollen zum Beispiel viel mehr serviceorientiert und kundenorientiert handeln und kommunizieren. Mit Programmen und Projekten zur Personalentwicklung soll dies bewältigt werden.

Beispiel: Change-Management bei Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn macht seit vielen Jahren einen Wandlungsprozess durch – von einer staatlichen Behörde zu einem kundenorientierten Unternehmen. Die Bahnbeamten heißen nun Servicemitarbeiter.

Die fast hoheitliche Aufgabe der Fahrscheinentwertung verliert an Bedeutung. Kunden und Bahnreisende erwarten vor allem einen freundlichen Service an ihrem Platz. Die neuen Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Einstellungen und Verhaltensweisen sind gewaltig.

In der Praxis kommen oft mehrere dieser Anlässe zusammen und führen zu komplexen Veränderungsprojekten. Wenn ein neues Produkt oder eine neue Technologie eingeführt wird, müssen meist auch Organisationsstrukturen aufgebrochen und angepasst werden, die Prozesse müssen neu gestaltet werden. Wenn diese stärker auf die Kunden ausgerichtet sind, müssen die Mitarbeiter ihr Verhalten ändern.

So ergibt sich eine umfangreiche Gemengelage von Aufgaben, Veränderungen und Projekten, die Change-Management so schwierig macht.

Praxis

Nennen Sie drei Veränderungen innerhalb Ihres Unternehmens, in Ihrem Markt, Ihrer Branche oder im Umfeld, die in den nächsten zwei Jahren für Ihr Unternehmen relevant sein können.

  • Was genau wird aus Ihrer Sicht passieren?
  • Welche Veränderungen müssen in Ihrem Unternehmen stattfinden?
  • Wer wird davon alles betroffen sein?
  • Welche Potenziale und Chancen ergeben sich daraus für die Mitarbeitenden?
  • Wer hat einen Vorteil?
  • Welche Gefahren und Risiken befürchten die Beschäftigten?
  • Welche Nachteile können sich ergeben?

Fassen Sie Ihre Überlegungen in der folgenden Vorlage zusammen. Halten Sie damit fest, wo und vor allem warum es einen Veränderungsbedarf in Ihrem Unternehmen geben kann.

Stellen Sie heraus, wie Sie ein Change-Projekt Ihren Mitarbeitenden gegenüber begründen würden.

Erst wenn Anlass und Gründe für Veränderungen klar zu benennen sind, können Sie das Change-Projekt initiieren und auf den Weg bringen. Denn nur damit überzeugen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sie dabei zu unterstützen und an der Veränderung mitzuwirken – oder zumindest keinen Widerstand zu leisten.

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