Unternehmenskultur verstehenWas leistet eine Unternehmenskultur?
Organisationskultur hilft im Wettbewerb
Seit das Phänomen der Organisationskultur im Blickfeld der „Wissenschaft vom Management“ steht, hat sie eine große Bedeutung gewonnen. Sie ist für den Wettbewerb der Unternehmen am Markt ein entscheidender Faktor. Denn einige Organisationskulturen kommen mit den Anforderungen der ihrer Umwelt und des Wettbewerbs besser zurecht als andere – ohne dass man genau sagen kann, warum.
Aus diesem Grund wird die Organisationskultur gerne als Argumentation genutzt, wenn es darum geht, warum ein Unternehmen sich nicht verändert, warum es nicht innovativ ist und warum es sich nicht anpassen kann. Oft heißt es: „Letztlich ist es eine Frage der Kultur, ob ein Unternehmen etwas tut oder nicht tut, ob es erfolgreich ist oder nicht.“
Grundsätzlich lässt sich nicht sagen, welcher Kulturtyp der bessere ist und welcher der schlechtere. Die Umwelt hat Platz für viele. Erst bei einer direkten Konkurrenz um knappe Ressourcen (Kunden, Investoren, gute Bewerberinnen und Bewerber) geraten Organisationskulturen in Wettstreit. Dann zeigt sich die jeweilige Stärke der Kultur. Aber immer können die Sieger von heute die Verlierer von morgen sein.
Beispiel: Unternehmenskultur bei der Personalfindung
Das Unternehmen ist ein Industrieunternehmen, das es schon über einhundert Jahre gibt. Tradition, Regeln und Qualität werden großgeschrieben. Im Zuge der Digitalisierung werden neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den IT-Bereich gesucht.
Auf eine Stellenanzeige melden sich mehrere Kandidatinnen und Kandidaten. Im Bewerbungsgespräch erfährt der Bewerber, welche Organisationskultur ihn umgibt, aufgrund von sichtbaren und erlebbaren Artefakten. Im Management sitzen nur Männer. In den Büros schwere, grau-braune Möbel. Stille auf den langen Fluren.
Der Bewerber prüft, ob diese Kultur zu seinen Werten passt und ob er in ihr leben und arbeiten möchte. So wählt er die für ihn richtige Kultur aus. Eine Unternehmenskultur, die gar nicht zu seinen Werten passt, schreckt ihn ab.
Warum man eine Organisationskultur braucht
Die Organisationskultur kann wichtige Funktionen im Unternehmen übernehmen und gewollte oder nicht gewollte Effekte haben. Die Organisationskultur
- regelt bewusst oder unbewusst bei den Mitarbeitenden das Verständnis von Aufgaben;
- bestimmt die Fähigkeit zur kritischen Prüfung der Realität und zur Kritikfähigkeit der Mitarbeitenden;
- regelt bewusst oder unbewusst die Qualität aller Handlungen und Verhaltensweisen in der Organisation;
- bestimmt damit die Qualität von Kommunikation und Zusammenarbeit;
- führt zu Entscheidungen und bestimmt, unter welchen Prämissen, wie schnell, wie eindeutig, wie pragmatisch Entscheidungen getroffen, kommuniziert und umgesetzt werden;
- ist maßgebend für das in der Organisation vorhandene Vertrauen;
- bestimmt die Fähigkeit zur Konfliktregelung;
- bestimmt das Klima der Organisation, das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Kohäsion in den Teams;
- vermittelt das Gefühl einer Einheit und ermöglicht das Bewusstsein der Identität der Organisation als Ganzes und in ihrer Entwicklung;
- ermöglicht die Sinnhaftigkeit und Zweckorientierung des Unternehmens;
- ist verbunden mit dem Purpose des Unternehmens.
Abbildung 3 zeigt, wie diese Funktionen einer Organisationskultur auch die Leistung der Organisation oder des Unternehmens mit beeinflussen. Sie ist, wie Struktur und Strategie, ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Erfolg des Unternehmens. Sie kann den Erfolg maßgeblich mit herbeiführen – sie kann aber auch Grund dafür sein, dass ein Unternehmen in seiner Umwelt scheitert.
Typen von Organisationskultur und ihre Merkmale
Terrence Deal und Allen Kennedy haben in ihrem Buch „Corporate Cultures – the rites and rituals of corporate life” vier Organisationstypen unterschieden. Die zwei Merkmale der Unterscheidung sind:
Risikobereitschaft der Organisation
In welcher Form sind die Organisation und ihre Mitglieder bereit, Risiken einzugehen?
Feedback auf das Verhalten in der Organisation
Wie schnell erhalten die Mitglieder einer Organisation eine Rückmeldung, ob ihr Verhalten und ihre Handlungen richtig oder falsch sind?
Mit diesen beiden Merkmalen lässt sich eine Matrix mit vier Feldern und vier Organisationstypen aufspannen, wie in Abbildung 4 dargestellt.
Andere Autoren (Charles Handy) unterscheiden Organisationskulturen nach
- Führungsprinzip
- Arbeitsweise
- Motivationsprinzip
Oder (Christian Scholz und Wolfgang Hofbauer) nach:
- Zeitperspektive
- Ausrichtung
- Risikoeinstellung
Wieder andere Autoren heben die „Pathologie“ von Organisationskulturen hervor (Manfred Kets de Vries und Danny Miller):
- Führungskräfte-Phantasien
- neurotische Muster
Wie sich globale Unterschiede der Organisationskultur zeigen
Geert Hofstede hat Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre 170.000 Beschäftigte der Firma IBM weltweit befragt, um unterschiedliche Typen der Organisationskultur zu identifizieren. Er fand dabei vier Dimensionen, mit denen sich unterschiedliche Unternehmenskulturen beschreiben lassen:
- Machtabstand
- Unsicherheitsvermeidung
- Individualisierung
- Maskulinität
Was Unternehmenskulturen unterscheidet und auszeichnet
Vergleicht man unterschiedliche Modelle zur Beschreibung von Organisationskulturen oder Unternehmenskulturen, lassen sich folgende Merkmale zur Unterscheidung von Unternehmenskulturen identifizieren:
- prozessorientiert versus ergebnisorientiert
- aufgabenorientiert versus mitarbeiterorientiert
- professionell versus beschränkt
- offen versus geschlossen
- stark kontrolliert versus locker kontrolliert
- pragmatisch versus normativ
Mithilfe solcher Merkmale und Kategorien lassen sich Organisationskulturen beschreiben und charakterisieren. Dieses Wissen wiederum ist wichtig, wenn Veränderungen im Unternehmen oder Zusammenschlüsse von Unternehmen nachhaltig Erfolg haben sollen. Denn die Merkmale beschreiben dafür wichtige Stellhebel.
Eigene Unternehmenskultur einschätzen
Überprüfen Sie Ihre bestehende Unternehmenskultur anhand der Merkmale in der folgenden Vorlage. Beurteilen Sie, inwiefern die Ausprägung des Merkmals für Sie eine Stärke oder eine Schwäche darstellt – in Bezug auf:
- Wettbewerbsfähigkeit,
- Kundenorientierung und
- Image bei künftigen Bewerbern.
Diese Einschätzung ist der erste Schritt zur Veränderung der Unternehmenskultur.