Prozesse bewertenWie wird die Prozessqualität gemessen?
Prozessanforderungen aus Zielen ableiten
Wer seine Prozesse gestalten oder verbessern will, muss wissen: wozu? Die Antwort findet sich in den Unternehmenszielen, in der Unternehmensstrategie und in den strategischen Plänen und Absichten, die das Unternehmen verfolgt.
Kern jeder Unternehmensstrategie ist der Wille, sich im Wettbewerb zu behaupten und die eigenen Ziele zu erreichen. Die optimale Prozessorganisation soll genau das gewährleisten.
Um das Mittel „Prozessmanagement“ auf den Zweck „Zielerreichung und Strategieumsetzung“ auszurichten, müssen die zentralen strategischen Ziele und Bausteine klar sein. Sie werden im Rahmen der Strategieplanung bestimmt. Aus ihnen lassen sich Anforderungen an das Prozessmanagement ableiten.
Beispiele für strategische Ziele und Anforderungen
Strategisches Ziel | Anforderungen an das Prozessmanagement |
---|---|
Kostenführerschaft | einfache, standardisierte und kostengünstige Prozesse |
Marktführer mit innovativen Produkten | umfassendes Technologie-Know-how sicherstellen, kurze Entwicklungsprozesse, Schnelligkeit bei der Markteinführung der neuen Produkte |
hohe Servicequalität | stärkere Ausrichtung der Prozesse auf Kundenanforderungen, hohe Prozessqualität und Flexibilität |
Produktpalette ausweiten | Flexibilität der Prozesse steigern |
Wachstum in neuen Regionen | Prozesse auf neue Anforderungen vorbereiten (Robustheit), neue Prozesse definieren und aufbauen |
Wenn die Strategie des Unternehmens klar ist, lassen sich daraus die Kernkompetenzen und damit die wichtigen Kernprozesse ableiten, die dafür notwendig sind. Sie bilden das Grundgerüst der Prozessorganisation. Ähnlich wie ein Organigramm kann dieses Grundgerüst die Funktionsweise eines Unternehmens auf der obersten Prozessebene abbilden.
Unternehmensprozessmodell erstellen
Dieses Abbild wird als Unternehmensprozessmodell bezeichnet. Jedes Unternehmen sollte ein Unternehmensprozessmodell haben und in Form einer Wertkette visualisieren.
Michael E. Porter hat mit seiner Wertkette ein allgemeines Modell beschrieben, an dem Sie sich mit Ihrem Prozessmodell orientieren können (siehe Abbildung 10).
Mit dem Unternehmensprozessmodell als Wertkette können Sie prüfen, ob Ihr Unternehmen strukturell richtig auf Ihre Ziele und Strategien ausgerichtet ist – eine erste Prüfung der Prozessqualität im Hinblick auf Kompatibilität mit Zielen und Strategien.
Prozessqualität auf Unternehmensebene
Die Kernprozesse, wertschöpfende oder Leistungsprozesse im Unternehmen tragen unmittelbar zu den Unternehmenszielen und Strategien bei. Andere Prozesse haben eine unterstützende Funktion, indem sie dafür sorgen, dass die Wertschöpfungsprozesse besser funktionieren. Auch diese Prozesse müssen funktionieren und wichtige Anforderungen erfüllen.
Das betrifft beispielsweise unterstützende Prozesse wie die Personalbeschaffung, Finanzplanung, Controlling oder der Betrieb von Informations- und Kommunikationstechnologie. Außerdem gibt es die sogenannten Führungsprozesse. Darüber werden Ziele formuliert, Strategien geplant und für deren Umsetzung gesorgt.
Die Prozessqualität leitet sich für die wertschöpfenden und die unterstützenden Prozesse daraus ab,
- wie gut das Unternehmensprozessmodell zu den Zielen und Strategien des Unternehmens passt,
- wie gut sie auf die Rahmenbedingungen und Stakeholder-Anforderungen ausgerichtet sind,
- wie gut sie aufeinander abgestimmt sind und
- wie Führungs- und Unterstützungsprozesse ihren Beitrag dazu leisten.
Das Unternehmensprozessmodell muss „in sich stimmig und schlüssig“ sein – ähnlich wie das Organigramm eines Unternehmens. Dann fördert es die Prozessqualität.
Leistungsparameter für Prozesse zur Ermittlung der Prozessqualität
Bereits auf der strategischen Ebene kann eine Diagnose erfolgen, die sichtbar machen soll, wie leistungsfähig die Prozesse und wie gut die Prozessqualität heute sind und in Zukunft sein können oder sollten. Das können Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der einzelnen Kernprozesse sein.
In einer prozessorientierten Organisation spielen folgende Leistungsparameter eine wichtige Rolle, die gleichzeitig die Prozessqualität sichtbar machen:
- Durchlaufzeit
- Termin- und Liefertreue
- Prozesskosten
- Qualität der einzelnen Prozessergebnisse und Prozessleistungen
- Fehlerrate
- interne und externe Kundenzufriedenheit
- Kundenbindung
- Produktivität
Produktivität und Wirtschaftlichkeit eines Prozesses berechnen
Die Produktivität eines Prozesses ergibt sich aus dem Verhältnis Prozess-Output zu Prozess-Input.
Prozess-Output
Der Prozess-Output umfasst die Anzahl der Ergebnisse, auf die der Prozess ausgelegt ist. Diese Ergebnisse und ihre Einheiten (Stück, Tonnen etc.) werden auch als Mengentreiber bezeichnet.
Beispiele für Prozess-Output
- Anzahl von Gehaltsabrechnungen, die monatlich von der Personalverwaltung im Prozess „Gehälter ermitteln und auszahlen“ erstellt werden.
- Anzahl von Baugruppen, die täglich in der Produktion im Prozess „Baugruppen-Montage“ zusammengebaut werden und den Qualitätsanforderungen entsprechen.
Prozess-Input
Dem Prozess-Output wird der Prozess-Input gegenübergestellt. Da der Input unterschiedliche Formen in unterschiedlichen Einheiten haben kann, wird er meistens in Form von Kosten ausgedrückt. Deshalb brauchen Sie für Ihre Prozesse einen Prozesskostenplan.
Sie bestimmen für jeden Prozessschritt: Welche Ressourcen (Maschinen, Anlagen, Einrichtungen, Personen) werden mit den einzelnen Prozessschritten eingesetzt? Und: Welche Kosten entstehen vor dem Hintergrund der Stundensätze aus Einzelkosten und Gemeinkosten für diese Prozess-Inputs?
Beispiele für Prozess-Input
- Zur Gehaltsabrechnung braucht es Mitarbeitende mit einem Personalstundensatz und EDV-Systeme mit einem Maschinenstundensatz.
- Für die Baugruppen-Montage braucht es Mitarbeitende mit einem Personalstundensatz sowie Maschinen und Einrichtungen mit einem Maschinenstundensatz.
Prozess-Produktivität
Das Verhältnis von Prozess-Output zu Prozess-Input wird als Prozess-Produktivität bezeichnet. Wenn nur in Geldeinheiten gerechnet wird, wird damit auch die Wirtschaftlichkeit des Prozesses bestimmt. Dafür können unterschiedliche Indikatoren oder Kennzahlen gebildet werden – je nachdem, welche Größen und Einheiten für einen Vergleich miteinander in Beziehung gebracht werden.
Beispiele für Prozess-Produktivität
- Prozess-Input / Prozess-Output für Gehaltsabrechnungen: 25 EUR kostet eine Gehaltsabrechnung.
- Prozess-Output / Prozess-Input für die Baugruppen-Montage: 10 Baugruppen werden pro Stunde und pro Mitarbeiter montiert.
Prozessrisiko ermitteln
Jeder Prozess, ob Hauptprozess, Kernprozess oder Teilprozess, hat Risiken. Diese ergeben meistens durch die Komplexität eines Prozesses, durch seine Abhängigkeit vom Prozess-Input, durch Störfaktoren und durch sich ändernde Rahmenbedingungen.
Zur Beschreibung der Komplexität und des damit verbundenen Risikos, sind folgende Parameter zu betrachten:
- Wiederholungshäufigkeit: Wie oft wurde oder wird der Prozess pro Zeiteinheit durchgeführt?
- Determiniertheit: Wie viele Möglichkeiten der Prozessdurchführung gibt es?
- Kommunikationsintensität: Wie intensiv müssen sich die Mitarbeitenden innerhalb der Prozessdurchführung mit Kollegen im Team oder außerhalb des Teams abstimmen?
- Prozesskomplexität: Aus wie vielen Einzelschritten besteht ein Prozess und wie sind die Beziehungen zwischen ihnen (lineare Abläufe oder viele Abhängigkeiten und Rückkopplungen; viele unterschiedliche Wenn-Dann-Beziehungen)?
- Personalanzahl: Wie viele Mitarbeitende sind im Prozess eingebunden?
- Personalqualifikation: Welche Kompetenzen werden benötigt?
- Technisierung: Welche Technologien werden im Prozess eingesetzt? Wie fehleranfällig sind diese Technologien?
- Relevanz Zeit: Wie hoch ist der Zeitdruck?
- Relevanz Qualität: Wie hoch sind die Qualitätsanforderungen? Welche Toleranzen gibt es? Was passiert bei Prozessfehlern oder Mängeln?
- Relevanz Kosten: Welche Rolle spielen die Gesamtkosten des Prozesses? Wie hoch ist ihr Anteil an den Kosten des übergeordneten Prozesses, an den Produktkosten oder an den Gesamtkosten im Unternehmen?
- Relevanz Umfeld: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Anforderungen und Erwartungen der Stakeholder ändern? Gibt es oft neue Zielvorgaben? Gibt es neue gesetzliche Vorgaben? Ändern sich die Akteure und Ansprechpartner im Außenraum?
Diese strategische Prozessanalyse und die Risikobewertung zeigen, wie leistungsfähig die Kernprozesse und Hauptprozesse des Unternehmens sind. Sie erkennen, ob jeweiligen Strategien und Ziele erreicht werden. Sie messen dies anhand einzelner Leistungsparameter. Und Sie prüfen, wie robust die Prozesse in Bezug auf die jeweiligen Risiken sind.
Dieses Ergebnis ist Indikator für die Prozessqualität und gleichzeitig Orientierungsrahmen für die Modellierung, Gestaltung und Optimierung der Prozesse.
Die Prozessqualität ist Grundlage für die Frage, ob Prozesse genauer analysiert und gegebenenfalls verändert, verbessert oder optimiert werden müssen.
Prozesszweck, Ziele und Strategie ermitteln
Bestimmen Sie für Ihre Kern- und Hauptprozesse die Unternehmensziele oder Bereichsziele, die Sie mit dem Prozess verbinden. Nutzen Sie für diese Ziele die folgende Vorlage.
Hier halten Sie fest, welche Kostenziele, Zeitziele, Qualitätsziele, Flexibilitätsziele, Kundenziele, soziale Ziele, Kompetenzziele und Umweltziele mit dem jeweiligen Prozess verbunden sind. Zudem können Sie einschätzen, ob und in welchem Umfang der Prozess – so wie er derzeit funktioniert – diese Ziele auch erfüllt.
Aufgabenplan und Prüfplan für die Ermittlung der Prozessqualität erstellen
Stellen Sie zusammen, was genau Sie im Rahmen der Analyse der Prozessqualität überprüfen wollen und welche Aufgaben damit verbunden sind.
Erläutern Sie dazu auch, welche Merkmale und Indikatoren Sie überprüfen müssen, um sichtbar zu machen, wie gut der Prozess zur Zielerreichung beiträgt.
Stellen Sie Ihren Aufgaben- und Prüfplan mithilfe der beiden folgenden Vorlagen zusammen.
Unternehmensprozessmodell entwickeln
Beschreiben Sie Ihr Unternehmen und die Organisationsstruktur in einem übergreifenden Unternehmensprozessmodell. Orientieren Sie sich hierzu an der folgenden Vorlage.
Stärken und Schwächen im Prozess ermitteln
Mit den folgenden Excel-Vorlagen können Sie eine erste Diagnose für Ihre wichtigen Prozesse durchführen. Verschaffen Sie sich damit zunächst einen Überblick:
- Was läuft in Bezug auf wichtige Prozesse gut und was läuft nicht gut im Prozess?
- Halten Sie Ihre Eindrücke und Bewertungen in der folgenden Vorlage fest.
Leistungsparameter der Prozesse bestimmen und ermitteln
Wenn Sie regelmäßig Kennzahlen messen und ermitteln, können Sie Stärken, Schwachstellen oder Probleme besser identifizieren und quantifizieren.
- Legen Sie in der folgenden Vorlage Kennzahlen fest, mit deren Hilfe Sie die Leistungen Ihrer Prozesse überprüfen können.
- Erfassen Sie dann für Ihre ausgewählten Kennzahlen über einen festgelegten Zeitraum die jeweiligen Messwerte.
- Halten Sie diese in der folgenden Vorlage fest.
Produktivität des Prozesses ermitteln
Halten Sie fest, welchen Input ein Prozess benötigt in Form von Ressourcen wie Material, Personal, Maschinen, Anlagen, Geräte, Räume oder Betriebsstoffe. Aus dem Einsatz dieser Ressourcen ergeben sich die jeweiligen Prozesskosten.
Stellen Sie dem Prozess-Input die Leistungen gegenüber, die der Prozess erbringt. Das sind die Prozessergebnisse oder der Prozess-Output. Er kann gemessen werden in Form von produzierten Mengen (Stück, Tonnen, Meter etc.) oder von erbrachten Dienstleistungen (Stück, Stunden etc.)
Aus dem Verhältnis von Prozess-Input und Prozess-Output berechnet sich die Prozess-Produktivität. Da die Einheiten für den Input oft nicht identisch sind mit den Einheiten für den Output, lässt sich meist nur die Produktivität für einzelne Ressourcen berechnen. Zum Beispiel: Stückzahl pro Mitarbeiter oder Tonnen pro Maschinenstunde.
Nutzen Sie die folgenden Excel-Vorlagen zur Darstellung der Prozess-Produktivität.
Risiken erkennen und bewerten
Mit der folgenden Vorlage bestimmen Sie Risiken, die mit dem jeweiligen Prozess verbunden sein können. Mögliche Prozessrisiken ergeben sich dadurch, dass Prozesse bestimmte Eigenschaften haben oder dass sich Vorgaben und Rahmenbedingungen ändern. Beispiele für Prozessmerkmale mit Risikopotenzial sind:
- Wiederholungshäufigkeit
- Determiniertheit
- Kommunikationsintensität
- Prozesskomplexität
- Personalanzahl
- Personalqualifikation
- Technisierung
- Relevanz Zeit
- Relevanz Qualität
- Relevanz Kosten
- Relevanz Umfeld
Halten Sie in der folgenden Vorlage fest, welche Risiken für Ihre Prozesse von Bedeutung sind und bewerten Sie diese im Hinblick auf mögliche Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit.
Prozessqualität insgesamt darstellen
Führen Sie Ihre Ergebnisse und Erkenntnisse zur Prozessqualität zusammen und geben Sie eine Bewertung ab. Mögliche Bewertungskriterien können sein:
- Geschwindigkeit
- Flexibilität
- Kundenzufriedenheit
- Prozesskosten
- Prozessstabilität
Stellen Sie Ihre Prozessbewertung mithilfe von folgenden Excel-Vorlagen dar. Zeigen Sie damit auch Entwicklungen und Veränderungen der Prozessqualität auf.
Kennzahlen zur Prozessqualität im Prozess-Dashboard darstellen
Je nachdem, welche Ziele Sie im Rahmen der Prozessanalyse verfolgen und je nach Art des Prozesses und der Prozessschritte, sind es jeweils andere Kennzahlen, die zeigen, wie gut die Prozessqualität ist. Für eine genaue Prozessanalyse müssen Sie geeignete, gegebenenfalls auch mehrere Kennzahlen auswählen und messen. Ein Soll-Ist-Vergleich der Kennzahl zeigt, wo es Probleme gibt.
Mit den folgenden Excel-Vorlagen können Sie die Prozessqualität für mehrere Prozessschritte und bis zu zehn Kennzahlen in einem Prozess-Dashboard visualisieren.
Hinweis: In den beiden Vorlagen „Prozess-Dashboard: Kennzahlen und Leistungsindikatoren für Prozessschritte in der Übersicht“ können Sie in Variante I Soll- und Ist-Werte direkt miteinander vergleichen. In der Variante II erfassen Sie täglich die Ist-Werte für die einzelnen Kennzahlen in einer gesonderten Tabelle. Für die Auswertung und die Darstellung im Dashboard wählen Sie dann den Tag (Datum), dessen Werte Sie analysieren wollen.