Warum ist Design Thinking wichtig für Unternehmen?

Design Thinking ist mehr als nur eine kreative Methode – es ist ein Mindset und eine Strategie, die Unternehmen dabei unterstützt, innovative Lösungen zu entwickeln, die wirklich den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden entsprechen.

Indem der Design Thinking Prozess in den Unternehmensalltag integriert wird, können Teams interdisziplinär arbeiten und verschiedene Perspektiven einbringen. Dies fördert die Entwicklung von einzigartigen Ideen und Lösungen, die sich von herkömmlichen Ansätzen abheben.

Unternehmen, die Design Thinking einsetzen, reagieren flexibler auf Marktveränderungen, verbessern kontinuierlich ihre Produkte und Services und schaffen damit langfristig einen Wettbewerbsvorteil. Zudem trägt der kundenorientierte Ansatz dazu bei, Kundenbindung zu stärken und die Zufriedenheit zu erhöhen.

Warum der iterative Ansatz im Design Thinking erfolgskritisch ist

Design Thinking orientiert sich an iterativen Vorgehensmodellen. Das heißt: Der Design-Thinking-Prozess wird nicht bloß einmal durchlaufen, sondern mehrmals. Die Ergebnisse eines Durchlaufes werden in der Praxis getestet und die Resultate fließen in die nächste Iteration, den nächsten Durchlauf, ein.

Der Design-Thinking-Prozess an sich wird als Mikro-Prozess bezeichnet. Mehrere aufeinanderfolgende Durchläufe bilden den Makro-Prozess. Die Inhalte der beiden Prozesse und deren Zusammenspiel werden nachfolgend beschrieben. Die folgende Abbildung zeigt diesen Prozess in der Übersicht.

© Alexander Simon – www.business-wissen.de
Mikro-Prozess des Design Thinking

Vorgehensweise in der IT als Vorbild

Die Design-Thinking-Pioniere haben ihre Wurzeln in der Informationstechnologie (IT). Dies zeigt sich an manchen Stellen und ist kein Nachteil – gerade in der IT sind Innovation und eine strukturierte Vorgangsweise gefragt.

Die IT bezeichnet „Strukturierte Vorgangsweisen“ oftmals als Vorgehensmodelle. Diese empfehlen Vorgangsweisen, etwa zur erfolgreichen Erstellung eines Computerprogramms.

Ursprünglich gingen solche Vorgehensmodelle davon aus, dass ein Programm in einem Durchlauf erstellt wird. Der Prozess wird dann bloß einmal durchlaufen. Mit wachsender Komplexität, das heißt, mit immer umfangreicheren Programmen, stießen diese Modelle jedoch an ihre Grenzen.

Sogenannte iterative Vorgehensmodelle wurden entwickelt: Das Ziel – ein fertiges Programm – wird in mehreren Durchläufen, sogenannten Iterationen, erreicht.

Phase 1: Discovery – Verständnis und Empathie für den Nutzer entwickeln

In dieser Phase geht es darum, dass sich das Team, das den Design-Thinking-Prozess durchläuft, möglichst gut in die Ausgangssituation einarbeitet und in die betroffenen Personen einfühlt. Die Pioniere sprechen in diesem Zusammenhang auch von Empathie.

Gemeinsam wird ein Verständnis über die Ausgangslage erarbeitet. Die betroffenen Personen – Kunden im weiteren Wortsinn – werden möglichst genau beschrieben.

Es werden sogenannte Persona-Profile erstellt. Personas beschreiben Einzelpersonen aus der Zielgruppe so genau, dass Anliegen, Bedürfnisse, Chancen und etwaige Schwierigkeiten aus Sicht dieser Person exakt erfasst werden können.

Die Beschreibung von Kunden und Zielgruppen als Persona ist etwas anderes als eine Beschreibung anhand demografischer Merkmale wie Alter oder Geschlecht. Demografische Merkmale führen mitunter zu sogenannten statistischen Zwillingen: Der Rockstar Ozzy Osbourne und Prinz Charles wären etwa solche, da beide in England aufgewachsen und im gleichen Alter sind. Personas sollen genau dies vermeiden.

In die so beschriebenen Personas können sich die Teammitglieder eindenken und einfühlen (Empathie) und in Folge die Ausgangslage samt ihren Möglichkeiten, Schwierigkeiten und Herausforderungen verstehen.

Das Design-Thinking-Team setzt sich aus unterschiedlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen, die jeweils andere Kompetenzen, Erfahrungen und Sichtweisen einbringen; es ist divers. Die Mitglieder haben eine offene, kundenorientierte und lösungsorientierte Einstellung.

Das gemeinsame Verständnis der Ausgangssituation ist somit kundenzentriert und ganzheitlich. Dieses Verständnis der Ausgangslage fließt in die folgende Phase ein und bildet eine wichtige Grundlage für diese.

Phase 2: Problemdefinition – Das zu lösende Problem klar definieren

Nachdem die Ausgangssituation betrachtet und verstanden wurde, wird in der Phase der Problemdefinition spezifiziert, welche Themen bearbeitet werden sollen.

Ein Problem ist als technischer Begriff zu werten. Die Themenlandschaft kann ein zu lösendes Problem beschreiben, jedoch auch einen Raum für Innovation festlegen, eine Produktverbesserung, eine Prozessoptimierung – schlichtweg alles, wofür kreative Lösungsansätze gesucht werden.

Beispiele für Problemdefinitionen sind:

  • die Spezifika eines Impfstoffes in der Pharmaindustrie
  • Durchlauf von pharmazeutischen Tests in Rekordzeit
  • Sicherheit an Bord von Flugzeugen
  • Flexibilität bei Buchungen von Flugreisen
  • Umgang mit reduzierter Auslastung eines Flugzeugs

Für die zu bearbeitenden Themen werden in den nachfolgenden Phasen Lösungen erarbeitet.

Phase 3: Ideengenerierung – Kreative Lösungsansätze entwickeln

In dieser Phase werden für die zuvor festgelegten Themen Lösungen generiert. Kreativität steht dabei im Vordergrund. In erster Linie geht es darum, so viele Ideen wie möglich zu generieren.

Die so generierten Ideen, deren Vor- und Nachteile, sowie deren Realisierbarkeit werden anschließend im Team diskutiert. Wichtig ist die Trennung der beiden Phasen: Machbarkeitsüberlegungen sollen die Ideengenerierung nicht bremsen oder gar blockieren.

Die Ideen können, je nach Thema, unterschiedlicher Natur sein: Prozessverbesserungen, Produktverbesserungen, Änderungen in der Organisation, neue Produkte – aus Sicht des Design Thinking bestehen hier keine Einschränkungen.

Nachdem die Ideen gemeinsam diskutiert und bewertet wurden, werden jene ausgewählt, für die in der Folgephase Prototypen erstellt werden sollen. Die Erstellung solcher Prototypen kann aufwendig sein, sodass die Auswahl möglichst sparsam sein sollte. Oft beschränkt sie sich auf die vielversprechendste Idee.

Phase 4: Prototyping – Ideen greifbar machen durch Modelle

In dieser Phase werden für die ausgewählte Idee Prototypen erstellt. Der Sinn der Prototypen ist es, die Idee besser zu vermitteln und diese gegebenenfalls ausgewählten Kunden zeigen zu können; mit dem Ziel, deren Feedback frühzeitig einzuholen.

Auch in Hinblick auf Machbarkeitsüberlegungen sind Prototypen sinnvoll, da die jeweilige Idee damit anschaulich wird.

Hinsichtlich des Formats eines Prototyps bestehen große Freiräume: Computerprogramme, Produktmuster, Modelle aus Plastilin … je nach Problemstellung und generierter Idee kann der Prototyp auf die anschaulichste Art und Weise realisiert werden.

Die Idee soll plastisch werden, eventuell sogar handhabbar. Dies vertieft das gemeinsame Verständnis im Team zusätzlich. Zudem ergeben sich neue Möglichkeiten für die Diskussion, die dann noch intensiver geführt werden kann.

Beispiele für Prototypen sind:

  • In der Pharmaindustrie kann ein Prototyp etwa das Computerabbild einer neuen Substanz sein oder auch eine Simulation ihrer Wirkweise. Oder aber eine Musterpackung für ein neues Präparat, ein Muster für eine neue Tablette, um etwa Größe, Form und Farbe zu veranschaulichen.
  • Fluglinien können einen Prototyp für ein überarbeitetes Online-Buchungssystem erstellen. In diesem Teilprogramm werden dann nur Teile der Benutzungsoberfläche programmiert, ohne die tatsächliche Buchung zu implementieren.

Prototypen sind in der IT üblich, da sie abstrakte Themen veranschaulichen. Gerade wenn es um Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und andere Innovationen geht, sind Prototypen wichtig, um möglichst viele Personen aus unterschiedlichen Bereichen in die Diskussion einbeziehen zu können. Diese Prinzipien gelten für sämtliche Bereiche in allen Branchen.

Das Ergebnis dieser Phase ist ein Prototyp, der mit Kunden und anderen Anspruchsgruppen besprochen werden kann. In diesem Sinne ermöglicht der Prototyp erste Tests und erste Praxiserfahrungen.

Phase 5: Testing – Prototypen testen und Feedback einholen

In dieser Phase werden die zuvor entwickelten Prototypen getestet. Testen ist dabei genauso umfangreich zu verstehen, wie die Beschaffenheit der Prototypen selbst.

Entscheidend für die Tests ist, dass die Prototypen den Repräsentanten der Personas vorgestellt werden. Jene Personenkreise, für die Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse entwickelt werden, sollen frühzeitig eingebunden werden. Deren Rückmeldungen fließen dann in die weiteren Durchläufe (Iterationen) des Design-Thinking-Prozesses ein.

  • So können beispielsweise potenziellen Kunden Verpackungen gezeigt werden.
  • Ein neuer Wirkstoff kann – sobald die entsprechenden Zulassungen vorliegen – im Feld erprobt werden.
  • Die Fluglinie kann ihr Buchungssystem ausgewählten Kunden zeigen.

Wichtig dabei ist eine strukturierte Vorgangsweise und die Dokumentation der Ergebnisse. Diese fließen in spätere Design-Thinking-Durchläufe ein.

Analoges gilt für das Feedback: Dieses bezieht sich auf Rückmeldungen des Design-Thinking-Teams zum aktuellen Durchlauf:

  • Was hat funktioniert?
  • Wo vermuten die Teammitglieder Verbesserungspotenzial?

Entsprechende Ergebnisse fließen ebenfalls in die weiteren Durchläufe ein: Die Tools und deren Einsatz werden angepasst, das Design-Thinking-Vorhaben wird anders geplant, anders geleitet. Auch beim Feedback ist es essenziell, es strukturiert zu erheben, zu diskutieren und zu dokumentieren.

Im nächsten Durchlauf können und sollen diese Ergebnisse dann in der Design-Thinking-Praxis umgesetzt werden.

Der Makro-Prozess beim Design Thinking

Der zuvor skizzierte Mikro-Prozess wird als der eigentliche Design-Thinking-Prozess gesehen. Der Durchlauf der genannten Phasen bildet dabei jedoch bloß einen Durchgang. Design Thinking ist mit einem Durchgang aber nicht notwendigerweise abgeschlossen. Vielmehr zielt Design Thinking auf permanente Innovation.

In jeden Durchgang fließen die Ergebnisse des vorhergehenden ein. Dies sind insbesondere die Testergebnisse mit dem Prototyp oder mit dem bisherigen Produkt oder Prozess.

Da jeder Durchlauf die Ergebnisse der vorangegangenen Durchläufe berücksichtigt, stehen die Chancen gut, dass es über die Zeit zu einer nachhaltigen Verbesserung kommt. Rückschläge können zwar vorkommen, können dann aber rasch korrigiert werden.

Die angestrebte Wirkung des iterativen Design Thinking als Makro-Prozess sind in der folgenden Abbildung dargestellt.

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Makro-Prozess des Design Thinking und seine Effekte

Das Bemerkenswerte an dieser Prozessarchitektur ist, dass sich daraus die Planbarkeit von Design-Thinking-Prozessen ergibt. Ein Durchlauf des Mikro-Prozesses lässt sich durch Rückgriff auf Methoden des Projektmanagements gut planen. Zudem lässt sich Design Thinking gut in Organisationen einbetten.

Somit ergibt sich Innovation über die Zeit, eingebettet in die Organisation, wobei die einzelnen Durchläufe planbar sind. Dies ist ein großer Unterschied dazu, Innovation dem Zufall zu überlassen oder auf den genialen Einfall zu warten.

Praxis

Innovationsprozess überprüfen

Vergleichen Sie Ihren bisherigen Innovationsprozess mit dem Mikro- und Makro-Prozess des Design Thinking:

  • Welche Unterschiede lassen sich feststellen?
  • Inwieweit ist ein Prozesswechsel in Ihrem Unternehmen möglich?
  • Wie könnte der Mikro-Prozess des Design Thinking in Ihrem Unternehmen etabliert werden?

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