Die ersten 100 Tage als neue FührungskraftFührungskraft werden – den Rollenwechsel meistern
Von den Fachaufgaben zu den Führungsaufgaben wechseln
Die besondere Herausforderung beim Aufstieg von der Fach- zur Führungskraft ist: Die bisherigen Fachaufgaben gingen in der alten Position leicht von der Hand. Hier liegt die Komfortzone – schließlich erzielte die neue Führungskraft als Fachkraft Erfolge, die zur Beförderung führten. Als Führungskraft rücken aber ganz andere Aufgaben in den Mittelpunkt. Zwei Beispiele zur Veranschaulichung.
Beispiel: Vom Produktmanager zur Führungskraft im Marketing
Der neue Marketingleiter war in seiner früheren Position für alle Aufgaben rund um die Entwicklung und Markteinführung eines Produkts zuständig. Nun führt er die Marketingabteilung und ist Vorgesetzter für zwölf Mitarbeitende. Er steuert und überwacht in dieser Rolle, ob und wie die Aufgaben in seiner Abteilung erledigt werden.
Beispiel: Von der Ingenieurin zur Geschäftsführerin
Die Ingenieurin ist zur Geschäftsführerin aufgestiegen. Die Fachaufgaben der Produktentwicklung, die sie als ausgewiesene Expertin erfüllt hat, sind für sie kein Thema mehr. Sie bespricht mit Kunden demnach keine technischen Details mehr – auch wenn diese das wünschen, weil sie es gewohnt sind.
Als neue Führungskraft verweist sie auf die Kolleginnen und Kollegen der Fachabteilung. Sie kümmert sich jetzt um die strategisch wichtigen Kunden und deren Profitabilität sowie um die langfristige Geschäftsfeldplanung.
Ein neues Selbstverständnis
Wenn Sie zum ersten Mal eine Führungsrolle in Ihrem bisherigen oder in einem anderen Unternehmen einnehmen, dann müssen Sie sich in einem ersten Schritt von der alten Position als Fachkraft verabschieden. Sie haben neue, völlig andere Aufgaben: statt Fachaufgaben stehen nun Management- und Führungsaufgaben an erster Stelle.
Sie müssen diese neuen Aufgaben und Ihre neue Rolle bewusst annehmen, sich vom Bisherigen verabschieden und auf das Neue einlassen. Das gelingt Ihnen zum Beispiel, wenn Sie Ihren neuen Job durch eine kleine Feier oder ein Essen im Familienkreis würdigen. Befördern und feiern Sie sich bewusst selbst.
Herausforderungen der neuen Führungsposition anerkennen und annehmen
Sie haben sich innerlich von Ihrem alten Job verabschiedet und bereiten sich auf die neue Führungsposition vor. Ihnen wird bewusst: Sie fangen etwas (völlig) Neues an. Machen Sie sich klar, dass neue Herausforderungen auf Sie zukommen – früher oder später wahrscheinlich die folgenden:
Versagensängste und Erwartungsdruck
Die neue Position haben Sie durch eine Beförderung erhalten oder weil Sie als fähig gelten, ein Team zu führen. Ihre Aufgaben werden sehr wahrscheinlich anspruchsvoller, in jedem Fall anders sein als zuvor. Das kann Versagensängste wecken. Denn Sie verlassen schließlich Ihre Komfortzone.
Es wird im Allgemeinen mehr von Ihnen erwartet – und das von verschiedenen Seiten. Zum Beispiel erwartet Ihr Team, dass Sie aufkommende Konflikte lösen. Das Management wiederum erwartet von Ihnen, dass Sie eigenverantwortlich die gesteckten Ziele erreichen.
Einsamkeit
In Ihrer neuen Position werden Sie vermutlich mehr Einsamkeit erleben. Ihre persönlichen Beziehungen zum Team und zum Management werden sich in jedem Fall verändern. Wenn Sie innerhalb Ihres Unternehmens aufgestiegen sind, werden sich die Kolleginnen und Kollegen distanzierter verhalten und den Smalltalk mit Ihnen eher meiden. Seien Sie sich auch bewusst, dass Neid und Missgunst aufkommen können.
Fehlendes Selbstbewusstsein
Auf der neuen Hierarchiestufe begegnen Sie den Menschen neu, vor denen Sie bisher aufgrund der höheren Position Respekt – vielleicht auch Ehrfurcht – hatten. Nun treffen Sie sich auf Augenhöhe, was wiederum diese Beziehungen verändert. Ungewohnte Reaktionen und das eigene, veränderte Erleben der Zusammenarbeit werden Sie in der Anfangszeit herausfordern.
Neues lernen und sich auf Neues einlassen
Wer neue Aufgaben übernimmt, muss Neues lernen. Das ist offensichtlich. Machen Sie sich bewusst, in welchen Bereichen Sie Nachholbedarf haben. Kommen Sie als neue Führungskraft aus einem anderen Unternehmen, brauchen Sie nicht nur Kompetenzen in der Mitarbeiterführung. Sie müssen auch das Unternehmen und Ihren Verantwortungsbereich kennenlernen.
Eine Herausforderung dabei: Keine Vorurteile pflegen. Was in Ihrer alten Position oder in Ihrem alten Unternehmen richtig und sinnvoll war, muss in der neuen Situationen nicht unbedingt richtig sein.
Zum Beispiel fällt Ihnen ein kleines Team in Ihrer Produktionshalle durch Geschwätzigkeit auf. Sie schließen dadurch auf eine geringere Leistung und ermahnen dieses Team. Nachdem Sie Ihre Unterlagen zu Ihrem neuen Produktionsbereich sichten, fällt Ihnen Ihr Fehler auf. Das Team arbeitet schon viele Jahre zusammen und ist produktiver als die Mehrheit der Produktionsmitarbeiter. Neues lernen, heißt also auch, sich neu zu orientieren.
Höhere Arbeitsbelastung
Die neue Position als Führungskraft bringt in der Regel Mehrarbeit mit sich. Sie tragen nun die Verantwortung für die Arbeitsergebnisse des ganzen Teams und müssen für Ihr Team präsenter sein als zuvor. Somit verändern sich Ihre Arbeits- und Freizeiten, was sich auf die bisherige Balance von Arbeit und Privatleben auswirkt.
Besprechen Sie dieses Thema offen mit Ihrer Familie. Bitten Sie gerade in der Phase des Stellenwechsels um Unterstützung. Erörtern Sie die Auswirkungen auf Ihre Familienmitglieder und suchen Sie gemeinsam einen Weg, damit umzugehen.
Bedenken Sie dabei, dass Sie einen Ausgleich wie Aktivitäten mit Familie und Freunden, Sport oder ein Hobby brauchen, um Ihre anspruchsvollen Aufgaben zu erfüllen und langfristig leistungsfähig bleiben zu können.
Aufgaben der alten und neuen Rolle als Führungskraft vergleichen
Folgende Schritte helfen beim Rollenwechsel von der Fachkraft zur Führungskraft:
Listen Sie zunächst alle Aufgaben der bisherigen (alten) Stelle auf und schätzen Sie, wie viel Zeit Sie pro Woche für die jeweiligen Stelle investiert haben.
Erstellen Sie dann eine entsprechende Liste der zukünftigen Aufgaben an der neuen Führungsposition. Nutzen Sie hierfür Ihre Stellenbeschreibung(en), falls es diese gibt. Schätzen Sie auch dafür den Zeitaufwand für jede der einzelnen Aufgaben.
Ordnen Sie nun in den beiden Listen (alte und neue Position) die Aufgaben nach Aufgabentyp. Unterscheiden Sie dabei:
- Fachaufgabe: Fachliche Aufgaben, die zu Ihrem Arbeitsgebiet gehören, für die Sie ausgebildet sind, für die Sie Experte oder Expertin sind.
- Managementaufgabe: Konzepte erstellen, Planungsaufgaben sowie Aufgaben zur Steuerung, Abstimmung und für das Controlling; Soll-Ist-Vergleiche, Kapazitätsabgleich, Abstimmung mit anderen Fachbereichen und Teams …
- Führungsaufgabe: Aufgaben als Vorgesetzte oder Vorgesetzter eines Teams, Zielvereinbarungen, Konfliktlösung, Feedback, Personalgespräche, Personalverantwortung, Personalentwicklung …
Berechnen Sie anschließend den Zeitaufwand insgesamt pro Woche für die jeweiligen Fachaufgaben und für die Management- und Führungsaufgaben für die alte und die neue Position.
Machen Sie sich die Unterschiede bewusst: Als neue Führungskraft übernehmen Sie künftig weniger Fachaufgaben und mehrheitlich Management- und Führungsaufgaben. Verabschieden Sie sich innerlich von der alten Position und begrüßen Sie Ihren neuen Job.
Feiern Sie den Stellenwechsel im Familienkreis oder mit Freunden.
Nutzen Sie die folgende Vorlage für Ihren Aufgabenvergleich.
Passende Weiterbildung speziell für Führungsaufgaben finden
Wenn Sie sich für die eine oder andere Management- und Führungsaufgabe noch nicht gewappnet fühlen, planen Sie eine entsprechende Qualifizierung. Gehen Sie wie folgt vor, um eine passende Weiterbildung zu finden:
- Fertigen Sie eine Liste Ihrer Stärken an.
- Fragen Sie sich: Sind Ihre Stärken ausreichend, um in der neuen Position zu bestehen?
- Welche Kompetenzen brauchen Sie noch?
- Welche Kompetenzen können Sie wie erlernen?
- Welche künftigen Aufgaben machen Ihnen „Angst“?
- Kann es sein, dass Sie versuchen werden, die Führungsaufgaben zu meiden oder so gut es geht zu verschieben? Finden Sie heraus, warum.
- Arbeiten Sie an Kompetenzen, die Ihnen in solchen Fällen helfen können.
Nutzen Sie für die Analyse Ihrer Kompetenzen die folgende Vorlage.
Wissen über das Unternehmen und den Verantwortungsbereich sammeln
Bevor Sie in Ihrer neuen Position etwas unternehmen, sollten Sie alle nötigen Unterlagen sichten, die Ihnen zur Verfügung stehen (Akteneinsicht). Sammeln Sie alle Informationen, die Sie zu Ihrem neuen Job bekommen können.
Das sind zum Beispiel:
- wirtschaftliche Kennzahlen des Unternehmens und des eigenen Bereichs wie Umsätze, Rentabilität, Leistungskennzahlen, die Key Performance Indicators Ihres Verantwortungsbereichs
- Struktur des Unternehmens, der Abteilung, der Teams
- Standards, Vorgaben, bestehende Vereinbarungen, die für Ihren neuen Verantwortungsbereich wichtig sind
Die Unternehmenskultur, informelle Normen und Mikropolitik spielen eine wichtige Rolle. Hierfür sollten Sie sich mit der Entwicklungsgeschichte des Unternehmens beschäftigen und sich in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen über die Vergangenheit des Unternehmens unterhalten. Beachten Sie, dass sich die informellen Regeln mit Ihrer neuen Position ändern können – auch wenn Sie im gleichen Unternehmen aufgestiegen sind und meinen, diese Regeln zu kennen.
Wissen über Ihre Vorgängerin oder Ihres Vorgängers ist wertvoll:
- Welcher Führungsstil wurde gepflegt?
- Wie war die Beziehung zwischen Führungskraft und den Beschäftigten?
- Welche Ergebnisse hat Ihre Vorgängerin oder Ihr Vorgänger erzielt?
Erörtern Sie nicht nur die bloßen Zahlen, sondern fragen Sie sich auch, welche positiven und negativen Erfahrungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem Verantwortungsbereich gemacht haben.
Nutzen Sie für Ihre Informationssammlung die folgenden Vorlagen.
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