Diskriminierungsmerkmale nach dem AGG

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nennt verschiedene Merkmale, die kein Grund für eine Ungleichbehandlung oder Benachteiligung im Arbeitsleben sein dürfen. Führungskräfte müssen im Arbeitsalltag also stets darauf achten, dass sie eine unterschiedliche Behandlung von Mitarbeitenden (oder von Stellenbewerbern) nicht auf eines dieser Merkmale stützen.

Das AGG schützt vor ungerechtfertigten Benachteiligungen wegen:

  • der Rasse
  • der ethnischen Herkunft
  • des Geschlechts
  • der Religion oder Weltanschauung
  • einer Behinderung
  • des Alters
  • der sexuellen Identität

Niemand darf im Berufsleben aufgrund eines dieser Merkmale benachteiligt werden. Bestimmungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, sind unwirksam.

Schutzbereich des AGG

Das AGG schützt ausdrücklich alle Beschäftigten. Dazu gehören:

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
  • Auszubildende
  • arbeitnehmerähnliche Personen
  • Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter

Das AGG schützt einerseits Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Diskriminierungen im laufenden Arbeitsverhältnis. Andererseits umfasst der Anwendungsbereich des AGG schon das Bewerbungsverfahren. Der Bewerberauswahlprozess muss diskriminierungsfrei ablaufen.

Diskriminierungen sind beispielsweise verboten:

  • bei der Stellenausschreibung
  • im Bewerberauswahlprozess
  • im Vorstellungsgespräch
  • bei der Festlegung der Arbeitsbedingungen
  • bei Beförderungen

Gilt das AGG auch bei Kündigungen?

In § 2 Abs. 4 AGG heißt es: „Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.“ Das Problem bei dieser Regelung: Würde man – gemäß dem Wortlaut der Vorschrift – bei Kündigungen die AGG-Regeln völlig außer Acht lassen, so würde dies EU-rechtlichen Vorgaben widersprechen.

Deshalb ist für die Praxis zu empfehlen, sich bei Kündigungen zwar vorrangig an den Regelungen des Kündigungsschutzrechts zu orientieren, daneben aber auch das Diskriminierungsverbot nach dem AGG im Blick zu behalten und zu berücksichtigen.

Verteilung der Beweislast bei Diskriminierung am Arbeitsplatz

Wenn eine mögliche Diskriminierung im Raum steht: Muss der betroffene Mitarbeiter dann nachweisen, dass es tatsächlich eine Diskriminierung gab? Oder muss der Arbeitgeber beweisen, dass er diskriminierungsfrei gehandelt hat?

Gemäß dem AGG ist die Beweislast wie folgt verteilt: Zunächst muss der Arbeitnehmer, der sich benachteiligt fühlt, Indizien darlegen, die eine Diskriminierung vermuten lassen.

Kann er entsprechende Indizien vorlegen, kommt es zu einer Beweislastumkehr. Das heißt: Will der Arbeitgeber sich entlasten, muss er Nachweise liefern. Er muss belegen, dass seine Entscheidung oder Maßnahme nicht auf einem der im AGG genannten Merkmale beruhte oder dass sie entsprechend den AGG-Regeln gerechtfertigt war.

Wie Sie Diskriminierungen im Arbeitsleben vermeiden

Während des Einstellungsverfahrens und im laufenden Arbeitsverhältnis gibt es typische Situationen und Bereiche, in denen Arbeitgeber im Hinblick auf eine mögliche Diskriminierung besonders aufpassen müssen.

Stellenanzeige

Bereits die Formulierung der Stellenanzeige birgt ein gewisses Diskriminierungsrisiko. Unbedingt zu beachten ist, dass die Stelle geschlechterneutral ausgeschrieben wird. Die Stellenanzeige ist so zu formulieren, dass ein bestimmtes Geschlecht nicht von vornherein ausgeschlossen wird.

Ebenso muss darauf geachtet werden, die Stelle altersneutral auszuschreiben. Konkrete Altersangaben sind in der Stellenausschreibung zu vermeiden.

Außerdem sollte eine Formulierung wie „Mitarbeit in einem jungen, dynamischen Team“ vermieden werden, weil dies als Indiz gewertet werden könnte, dass ältere Bewerber unerwünscht sind.

Zudem darf in einer Ausschreibung niemand aufgrund seiner Herkunft ausgegrenzt werden. Deshalb ist es verboten, in der Stellenanzeige eine bestimmte Nationalität als Einstellungskriterium zu fordern.

Auch die Anforderung „Deutsch als Muttersprache“ ist problematisch und sollte vermieden werden. Wenn für die betreffende Stelle sehr gute Deutschkenntnisse unerlässlich sind, wäre es besser zu schreiben „ausgezeichnete Deutschkenntnisse“ oder „sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift“.

Vorstellungsgespräch

Im Vorstellungsgespräch sollten Sie darauf achten, keine Fragen zu stellen, die in Zusammenhang mit einem der AGG-Merkmale stehen. Eine solche Frage könnte nämlich darauf hindeuten, dass Sie ein unzulässiges Auswahlkriterium verwenden.

Fragen Sie deshalb im Vorstellungsgespräch nicht aktiv nach:

  • dem Alter oder Geburtsdatum
  • einer Schwangerschaft
  • einer Behinderung
  • der Herkunft oder Nationalität
  • der Konfession oder Religionszugehörigkeit
  • der Weltanschauung
  • der Familienplanung

Absage an Bewerberinnen und Bewerber

Die Absage an einen Bewerber oder eine Bewerberin sollte unbedingt diskriminierungsfrei formuliert werden. Das bedeutet: Sie darf nicht mit einem der im AGG genannten Merkmale begründet werden. So kann zum Beispiel eine Bemerkung im Absageschreiben, dass der Bewerber altersbedingt nicht in die Abteilung passt, als Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters gewertet werden.

Wenn überhaupt, sollte die Absage mit fachlichen Kriterien begründet werden – zum Beispiel damit, dass der bevorzugte Kandidat fachlich besser qualifiziert war.

Arbeitsbedingungen und Vergütung

Auch im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen darf niemand ungerechtfertigt benachteiligt werden. Hier ist insbesondere der Equal-Pay-Grundsatz zu beachten.

Das bedeutet: Frauen und Männer, die in gleicher Position arbeiten und eine vergleichbare Qualifikation haben, müssen die gleiche Vergütung bekommen.

Nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts darf eine unterschiedlich hohe Vergütung auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Mann (oder die Frau) in Bezug auf das Gehalt besser verhandelt hat (BAG, Urteil vom 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21).

Beförderungen

Bei innerbetrieblichen Beförderungen muss darauf geachtet werden, dass nicht bestimmte Personengruppen, zum Beispiel aufgrund ihres Alters oder ihres Geschlechts, generell von Beförderungen ausgeschlossen werden.

Hinweis

Auch mittelbare Diskriminierungen sind zu vermeiden

Das AGG verbietet nicht nur unmittelbare Diskriminierungen, sondern auch mittelbare.

Ein Beispiel: In einem Betrieb arbeiten neben Vollzeitmitarbeitern diverse Teilzeitkräfte. Die Teilzeitbeschäftigten sind ausschließlich Frauen. Benachteiligt der Arbeitgeber die Teilzeitkräfte im Vergleich mit den Vollzeitmitarbeitern, so ist dies als Indiz für eine (mittelbare) Diskriminierung wegen des Geschlechts zu werten.

Schutz vor Diskriminierung durch Kollegen

Die Geschäftsführung eines Unternehmens darf nicht nur selbst keine diskriminierenden Entscheidungen treffen und keine diskriminierenden Maßnahmen durchführen. Sie ist auch dafür verantwortlich, sämtliche Diskriminierungen zu unterbinden, welche die eigenen Mitarbeiter im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit betreffen.

Das heißt: Arbeitgeber müssen schützend eingreifen, wenn es zu Diskriminierungen von Arbeitskollegen untereinander kommt; zum Beispiel Mobbing am Arbeitsplatz. Außerdem müssen Arbeitgeber und Vorgesetzte eingreifen, wenn Mitarbeitende von (externen) Dritten in Ausübung der Tätigkeit diskriminiert werden.

Wann Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz gerechtfertigt ist

In bestimmten (Ausnahme-)Fällen kann eine Ungleichbehandlung jedoch gerechtfertigt sein, auch wenn sie auf einem der oben genannten Merkmale beruht.

... wegen beruflicher Anforderungen

Gerechtfertigt ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines der oben genannten Merkmale, wenn das Merkmal wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Dann muss aber auch der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen sein.

... wegen der Religion oder Weltanschauung

Religionsgemeinschaften dürfen nach Religion oder Weltanschauung unterscheiden. Voraussetzung ist: Eine Religion oder Weltanschauung stellt im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung dar. Dabei muss das Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung beachtet werden.

Beispiel: Wird ein Lehrer für katholische Religion gesucht, ist es dem Arbeitgeber erlaubt, nicht-katholische Bewerber aufgrund der Religion abzulehnen.

... wegen des Alters

Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist zulässig, wenn die Ungleichbehandlung objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.

Beispiel: Die Rechtsprechung hat eine Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten als zulässig erachtet.

Praxis

Stellen Sie sicher, dass es in Ihrem Unternehmen zu keiner Diskriminierung von Beschäftigten oder zur Ungleichbehandlung einzelner Personen kommt. Prüfen Sie als Arbeitgeber, ob und inwiefern Sie den Pflichten nachkommen, die in der folgenden Vorlage aufgeführt sind.

Planen Sie entsprechende Maßnahmen und dokumentieren Sie diese.

Wenn Sie sich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer von Diskriminierung oder Ungleichbehandlung betroffen fühlen, können Sie Ihre Rechte in Anspruch nehmen. Dokumentieren Sie die Vorfälle, sammeln Sie Belege und Indizien oder ziehen Sie Zeugen hinzu.

Nutzen Sie dafür die folgende Vorlage. Dort sind auch die Rechte benannt, die Sie dann in Anspruch nehmen können. Dazu gehören:

  • Beschwerderecht
  • Leistungsverweigerungsrecht
  • Schadensersatz

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