Qualitätskosten analysierenWas sind Qualitätskosten im Unternehmen?

Qualitätskosten entstehen durch alle Maßnahmen im Unternehmen, die dazu dienen, die Qualität der Produkte und Leistungen sicherzustellen. Diese Kosten sind in den anderen Kosten meist versteckt. Um Qualitätskosten zu erkennen, müssen qualitätsbezogene Aktivitäten in den Prozessen genau betrachtet werden.

Qualitätsmanagement bringt einen Nutzen – und verursacht Kosten

Qualitätsmanagement ist für jedes Unternehmen ein wichtiger Erfolgsfaktor – kostet aber auch Geld. Wenn die Qualität der Produkte, Dienstleistungen und Prozesse nicht stimmt, dann kann das schwerwiegende Folgen haben:

  • Kunden wechseln zum Wettbewerb
  • Produkte müssen aus dem Markt zurückgerufen werden
  • Produkte oder Bauteile müssen überarbeitet oder nachgearbeitet werden
  • Reklamationen steigen
  • das Image des Unternehmens und der Marke nehmen Schaden

Genau das soll das Qualitätsmanagement vermeiden. Der Aufwand, den Unternehmen dafür betreiben, lässt sich in Kosten messen. Für das Qualitätsmanagement ist es wichtig, einen Überblick über alle Kosten zu haben, die durch Qualitätsplanung, Qualitätskontrolle und Fehlerbeseitigung entstehen. Dafür müssen die Kosten für Qualität erfasst und den Prozessen und Kostenstellen richtig zugeordnet werden.

Wenn Qualitätskosten bekannt und richtig zugeordnet sind, lassen sie sich mit dem Nutzen vergleichen. Insbesondere lässt sich erkennen, wo hohe Qualitätskosten anfallen, die sich durch Verbesserungen reduzieren lassen – ohne dass der Nutzen, die Qualität der Produkte, Dienstleistungen und Prozesse, damit eingeschränkt ist.

Wodurch entstehen Kosten im Qualitätsmanagement?

Das Qualitätsmanagement ist mit einer Fülle von Aufgaben verbunden. Dadurch entstehen Aufwand und Kosten. Wie in der Kostenrechnung üblich lassen sich diese nach Kostenarten unterscheiden. Beispiele sind:

  • Personalkosten
  • Materialkosten
  • Betriebskosten
  • Reisekosten
  • Entschädigungen
  • Abschreibungen (für Maschinen und Messgeräte)

Die Höhe dieser Kosten ist in den Unternehmen auf Basis der internen Kostenrechnung meist recht gut bekannt. Problematisch ist die Frage: Welcher Anteil dieser Kosten ist durch das Qualitätsmanagement bedingt?

Um diese Frage zu beantworten, gibt es unterschiedliche Konzepte und Herangehensweisen. Denn für die Qualitätskosten und ihre Analyse ist wichtiger, diese Kosten danach zu gliedern, wo und wodurch genau sie entstehen. Die Deutsche Gesellschaft für Qualitätssicherung (DGQ) betrachtet diese Kosten aus der organisatorischen Perspektive und unterscheidet Qualitätskosten für:

  • Leitung des Qualitätsmanagements
  • Untersuchungen der Qualitätsfähigkeit
  • Qualitätsaudit
  • Schulungen
  • Prüfplanung
  • Prüfmittelplanung und Prüfmittelüberwachung (Messgeräte)
  • Lieferantenbeurteilung

Ein weiteres, weit verbreitetes Konzept zur Analyse der Qualitätskosten analysiert diese danach, wo die Kosten entstehen. Das lässt sich an den Aufgaben im Qualitätsmanagement festmachen. Dazu werden vier Aspekte für das Qualitätsmanagement mit entsprechenden Aufgaben unterschieden:

  • Fehlerverhütung durch vorbeugendes Qualitätsmanagement
  • Prüfung und Qualitätskontrolle
  • interne Fehlerbeseitigung
  • externe Fehlerbeseitigung

Die Qualitätskosten können diesen vier Aspekten zugeordnet werden. Dann lassen sich Potenziale zur Kostenreduzierung besser erkennen und nutzen.

Qualitätskosten durch Fehlerverhütung und Vorbeugung

Im Unternehmen muss an unterschiedlichen Stellen dafür gesorgt werden, dass Fehler oder Mängel bei Prozessen, Produkten und Dienstleistungen gar nicht erst entstehen. Mit diesem Ziel entsteht ein Aufwand dadurch, dass Antworten und Lösungen auf folgende Fragen gefunden werden müssen:

  • Kundenbefragungen: Welche Fehler und Mängel erkennen Kunden und welche Bedeutung messen sie ihnen bei?
  • Produktentwicklung: Wie lassen sich Produkte und Herstellprozesse so konstruieren, dass keine Fehler entstehen können?
  • Einkauf und Auswahl von Lieferanten: Welche Lieferanten sind zuverlässig und liefern einwandfreie Produkte?
  • Produktion: Wo kommt es zu Fehlern und wie können diese dauerhaft beseitigt werden?
  • Personal: Wie müssen Mitarbeitende angewiesen und geschult werden, damit sie Fehler vermeiden?
  • Management: Welche Regeln, Systeme und Hilfestellungen braucht es, damit alle Bereiche qualitätskonform arbeiten?

Experten schätzen, dass 5 bis 10 Prozent der gesamten Qualitätskosten für vorbeugende Maßnahmen anfallen.

Prüfung und Qualitätskontrolle

Trotz vorbeugender Maßnahmen im Qualitätsmanagement können immer und überall Fehler passieren. Damit sich diese nicht erst beim Kunden zeigen, braucht es Prüfungen und Kontrollen im Prozess der Leistungserbringung. Diese verursachen Kosten. Zum Beispiel:

  • Zeitaufwand und Personalkosten für die manuelle Prüfung bei Wareneingang und im Prozess sowie für das Aussortieren und Aussteuern
  • Abschreibungen für Messgeräte, Messmaschinen
  • Aufwand für das Erfassen und Auswerten von Messdaten und für Dokumentationen und Prüfberichte
  • Räume und Arbeitsplätze für Menschen und Maschinen, die prüfen
  • Lager und Flächen für aussortierte Produkte
  • externe Kosten für Labore oder Prüfinstitutionen, die spezielle Tests durchführen oder Gutachten erstellen
  • externe und interne Kosten für Überwachung, Pflege und Kalibrierung von Messgeräten und Messmitteln

Der Anteil der Prüfkosten an den Qualitätskosten liegt nach Meinung der Experten bei 20 bis 35 Prozent.

Interne Fehlerbeseitigung

Wenn durch Prüfung ein Fehler noch innerhalb des Unternehmens entdeckt wird, muss dieser in irgendeiner Form behandelt werden. Auch diese Behandlung führt zu Qualitätskosten. Sie entstehen beispielsweise durch:

  • Sortierung
  • Entsorgung
  • Nacharbeit oder Reparatur
  • zusätzliche Tests
  • Lieferverzug
  • Neuplanung
  • nochmaliges Herstellen
  • Dokumentation

Die interne Fehlerbeseitigung verursacht die meisten Qualitätskosten. Ihr Anteil liegt nach Meinung der Experten bei rund 45 Prozent.

Externe Fehlerbeseitigung

Besonders teuer wird es meist dann, wenn ein Fehler oder Mangel erst vom Kunden entdeckt und reklamiert wird. Immerhin tauchen diese Fälle eher selten auf, wenn das Qualitätsmanagement im Unternehmen funktioniert. Stellt sich ein Fehler dann doch einmal beim Kunden heraus, gilt die Leistung, die im Kaufvertrag zugesagt wurde, als nicht erfüllt. Als Hersteller hat man dann die Möglichkeit der Nacherfüllung. Sie kann zu folgenden Kosten führen:

  • Kundenhotline einrichten und betreiben
  • Preisnachlass gewähren
  • Rücknahme und Rücktransport organisieren
  • Reparatur durchführen
  • Ersatz liefern
  • erneute Lieferung organisieren
  • vom Kaufvertrag zurücktreten
Hintergrund

Nacherfüllung bei mangelhafter Sache

Nacherfüllung bedeutet gemäß § 437, § 439, § 634 und § 635 Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB): Dem Käufer einer Sache steht Nacherfüllung zu, wenn die verkaufte oder hergestellte Sache mangelhaft ist.

Trotz solcher Gegenmaßnahmen kann es zu Umsatzverlust und zur Kundenabwanderung kommen. Darüber hinaus kann ein Produktrückruf notwendig werden, wenn ein schwerwiegender Fehler beim Kunden sichtbar oder vermutet wird. Damit verbunden sind Kosten für:

  • Logistik
  • Entsorgung
  • Imageverlust
  • Schadensersatz
  • Produkthaftung

Je nach Branche und Geschäftsmodell variieren diese Qualitätskosten sehr stark. Experten schätzen den Anteil auf rund 20 Prozent.

Hintergrund

Produkthaftung

Mit der Produkthaftung müssen Hersteller und Unternehmen, die ein Produkt in Verkehr bringen, Schadenersatz leisten, wenn das Produkt (die Kaufsache) bei anderen einen Schaden bei anderen Rechtsgütern verursacht (bei Personen, Sachen und Vermögen).

Die Produkthaftung ist in § 823 BGB geregelt sowie in weiteren Rechtsvorschriften. Private Endverbraucher werden zusätzlich durch das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geschützt.

Praxis

Prüfen Sie für Ihr Unternehmen, welche Bedeutung die Qualitätskosten haben. Wie hoch schätzen Sie deren Anteil an den Gesamtkosten für Produktentwicklung, Leistungserstellung, Vertrieb und Logistik?

Qualitätskosten zu erfassen und zu analysieren, ist vor allem dann wichtig, wenn Sie den Anteil der Qualitätskosten an den Gesamtkosten auf über 20 Prozent einschätzen. Das zeigt, dass das Qualitätsmanagement in Ihrem Unternehmen einen sehr hohen Stellenwert hat – wofür es sicherlich gute Gründe gibt. Es deutet aber auch darauf hin, dass es Verbesserungspotenziale geben könnte, um die erforderliche Qualität mit weniger Aufwand sicherzustellen. Dann lohnt sich eine genauere Analyse der Qualitätskosten.

Wenn Sie die Qualitätskosten in Ihrem Unternehmen messen und erfassen wollen, gehen Sie folgendermaßen vor:

1. Prozesse prüfen

Prüfen Sie, welche Prozesse in Ihrem Unternehmen mit Aufgaben zum Qualitätsmanagement befasst sind. Ausgangspunkt sind die Hauptprozesse wie Produktentwicklung, Produktion, Logistik, Marketing, Vertrieb und Kundenservice.

Betrachten Sie für diese Hauptprozesse dann auf der nächsten Ebene, welche Teilprozesse dort ablaufen und ordnen Sie diese in die beiden Kategorien:

  • Teilprozesse, die vollständig für das Qualitätsmanagement zuständig sind
  • Teilprozesse, die teilweise Aufgaben zum Qualitätsmanagement beinhalten

Maßgeblich dafür sind die Aufgaben zum Qualitätsmanagement, wie sie oben erläutert sind. Klären Sie also für Ihre Prozesse, inwiefern dort Aktivitäten erfolgen für:

  • Vorbeugung: Fehler und Mängel sollen durch Planung und fehlerverhütende Maßnahmen vermieden werden
  • Prüfung: alle Aktivitäten, die dafür da sind, Fehler zu erkennen und fehlerhafte Teile, Baugruppen, Produkte und andere Leistungen auszusortieren, sodass sie nicht in die nächsten Bearbeitungsstufen oder zum Kunden gelangen
  • interne Fehlerbeseitigung: im Unternehmen aussortierte Teile etc. werden entsorgt, repariert, eine anderen Verwendung zugeführt oder nachgearbeitet
  • externen Fehlerbeseitigung: fehlerhafte oder mangelhafte Produkte, die beim Kunden aufgetaucht sind, werden zurückgenommen, nachbearbeitet, repariert, anderweitig verwendet oder entsorgt

Analysieren Sie die Prozesse unter diesen vier Gesichtspunkten. Für die Prozesse, in denen viele solcher Aktivitäten stattfinden, erfassen Sie dann die Qualitätskosten. Im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels erfahren Sie, wie Sie dazu vorgehen (Schritt 2 und folgende). Der gesamte Prozess zum Erfassen und Analysieren der Qualitätskosten ist in dieser Vorlage beschrieben.

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