ArbeitszeitMögliche Regelungen für Überstunden bei Gleitzeit

Auch bei Gleitzeitarbeit können Überstunden geleistet werden. Arbeitgeber legen dazu individuell fest, welche Regelungen in ihrem Unternehmen gelten. Werden Überstunden bezahlt oder durch Freizeit ausgeglichen? Gerade bei Gleitzeitarbeit sind genaue Regelungen und Zeiterfassung wichtig. Welche Modelle infrage kommen und was rechtlich zu beachten ist, klärt dieser Beitrag.

Sind Überstunden bei Gleitzeit möglich?

Überstunden bei Gleitzeit sind zulässig und werden durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt. Überstunden entstehen, wenn Beschäftigte die dem Arbeitgeber ge­schul­de­te, ar­beits­ver­trag­lich oder ta­rif­ver­trag­lich fest­ge­leg­te Ar­beits­zeit überschreiten. Das ist prinzipiell auch bei Gleitzeit möglich.

Überstunden müssen vom Arbeitgeber angeordnet oder genehmigt werden und sind in der Regel zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen, sofern keine andere Vereinbarung besteht. Das gilt auch für Überstunden bei Gleitzeit.

Welche Gleitzeitmodelle gibt es?

Wie Unternehmen mit Überstunden bei Gleitzeit umgehen, hängt auch vom Gleitzeitmodell ab. In Deutschland sind die folgenden Modelle verbreitet:

Qualifizierte (oder variable) Gleitzeit:
Anfang, Ende und Dauer der Arbeit pro Tag bestimmt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer selbst. Eingehalten werden müssen lediglich, je nach individueller Regelung, Arbeitszeiten pro Woche, Monat oder Jahr.

Gleitzeit mit Kernarbeitszeit:
Das Unternehmen legt Betriebszeiten fest, während derer alle Beschäftigten anwesend sein müssen; ansonsten sind sie flexibel. Üblich ist zum Beispiel eine Kernarbeitszeit von 9 Uhr bis 15 Uhr. Das heißt, jede und jeder muss spätestens ab 9 Uhr und bis mindestens 15 Uhr im Betrieb sein oder, im Fall von Homeoffice, am Heimarbeitsplatz erreichbar sein.

Gleitzeit mit Funktionszeit:
Wenn aus organisatorischen Gründen zu festen Zeiten bestimmte Abteilungen oder einzelne Posten besetzt sein müssen, dürfen die Beschäftigten untereinander ihre Arbeitszeiten abstimmen. Das nennt sich auch „Stellvertreter-Regelung“.

Gleitzeit mit Jahresarbeitszeit:
Beschäftigte bestimmen selbst, wann und wie lange sie pro Tag arbeiten und orientieren sich dabei idealerweise am anfallenden Arbeitsaufwand. Am Ende des Jahres sollte die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der vereinbarten entsprechen.

Wie werden Überstunden bei Gleitzeitmodellen vergütet oder ausgeglichen?

Die Vergütung oder der Ausgleich von Überstunden in Gleitzeitmodellen hängt ab von den Regelungen:

  • im Arbeitsvertrag,
  • in der Betriebsvereinbarung und
  • im geltenden Tarifvertrag.

Wenn Beschäftigte mehr Stunden arbeiten, als ihre reguläre Arbeitszeit vorsieht, können diese Überstunden entweder durch zusätzliche Bezahlung oder durch Freizeitausgleich vergütet werden. Folgenden Optionen kommen infrage:

Überstundenvergütung

Die Bezahlung von Überstunden muss mindestens dem normalen Stundensatz entsprechen, oft wird jedoch ein höherer Satz oder ein Zuschlag für Überstunden bezahlt.

Nach einem festgelegten Zeitraum, zum Beispiel am Ende eines Quartals, werden Soll- und Ist-Arbeitszeit (in Stunden) miteinander verglichen. Für die angefallenen Überstunden erhält der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin mit der nächsten Gehaltszahlung die vereinbarte Überstundenvergütung.

Freizeitausgleich

Viele Unternehmen bevorzugen es, Überstunden durch Freizeitausgleich abzugelten. Das bedeutet, dass der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter für geleistete Überstunden entsprechende Freizeit gewährt wird. Freizeitausgleich kommt nur infrage, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag dies ausdrücklich vorsieht. Die Bedingungen für den Freizeitausgleich sollten klar festgelegt sein.

Wer Überstunden leistet, bespricht mit seinen Vorgesetzten, wann diese durch Freizeit ausgeglichen werden können. Am Ende eines Jahres sollten alle Überstunden abgegolten sein. Dazu werden auch in diesem Fall Soll- und Ist-Arbeitszeit regelmäßig miteinander verglichen.

Die Vorgesetzten sollten außerdem prüfen, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter viele Überstunden ansammelt, die kaum noch durch Freizeit ausgeglichen werden können. Es muss dann eine gemeinsame Lösung gefunden werden, wie die Überstunden ausgeglichen werden – gegebenenfalls auch durch eine einmalige Überstundenvergütung.

Gleitzeitkonto

Alle Beschäftigten im Unternehmen müssen ihre Arbeitszeiten erfassen. Bei Beschäftigten in Gleitzeit kann ein Ausgleich von Überstunden nur erfolgen, wenn die Ist-Arbeitszeiten auf einem Gleitzeitkonto erfasst sind. Übersteigen in einem festgelegten Zeitraum die Ist-Stunden die Soll-Stunden, wird die Differenz als Überstunden dem Konto gutgeschrieben.

Es gibt in der Regel eine Obergrenze für die Anzahl der Überstunden, die auf dem Konto angesammelt werden können. Die Mitarbeitenden und die Vorgesetzten erhalten eine Nachricht, wenn diese Grenze erreicht wird.

Ausgleichszeitraum

Das Arbeitszeitgesetz erlaubt es, die Arbeitszeit über einen bestimmten Ausgleichszeitraum zu mitteln. Das bedeutet, dass Mehrarbeit in einer Woche durch weniger Arbeit in einer anderen Woche ausgeglichen werden kann, solange die durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche (innerhalb von sechs Monaten oder einem anderen vereinbarten Zeitraum) nicht überschritten wird.

Für den Ausgleich von Überstunden der Beschäftigten in Gleitzeit muss festgelegt werden, in welchem Zeitraum Ist-Arbeitszeit und Soll-Arbeitszeit miteinander verglichen werden. Je nach Gleitzeitmodell kann dieser Zeitraum eine Woche, ein Monat oder ein Quartal betragen.

Ein Ausgleichszeitraum von einem Jahr ist nicht zu empfehlen, da sich in diesem langen Zeitraum viele Überstunden ansammeln können, die sich dann nicht mehr durch Freizeit ausgleichen lassen und die vom Unternehmen im Jahresabschluss als Rückstellung buchhalterisch erfasst werden müssen.

Wo Sie gesetzliche Regelungen zur Gleitzeit und Überstunden finden

Die individuellen Bedingungen für die Vergütung oder den Ausgleich von Überstunden müssen in Arbeits- oder Tarifverträgen festgelegt werden. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass diese Regelungen im Einklang mit dem Arbeitszeitgesetz und anderen relevanten gesetzlichen Vorschriften stehen.

Für Beamtinnen und Beamte gelten die gesetzlichen Regelungen laut Arbeitszeitverordnung (AZV).

Allgemeine Regelungen zur Arbeitszeit sind im ArbZG geregelt; dort finden Sie zum Beispiel:

Wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, ist außerdem das § 87 BetrVG relevant, welches besagt, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung der Gleitzeit mitbestimmen darf und soll.

Beispiele: Verschiedene Regelungen für Überstunden bei Gleitzeit

1. Werkstatt AutoFix GmbH

Bei der AutoFix GmbH können Mitarbeitende wie Max Bauer (Kfz-Mechatroniker) ihre Arbeitszeit flexibel gestalten. Kommt es zu einem erhöhten Arbeitsaufkommen, zum Beispiel durch eine Vielzahl von Reparaturaufträgen vor Urlaubszeiten, leistet Max Überstunden. Überstunden müssen von der Werkstattleitung genehmigt werden. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit wird im Zeiterfassungssystem dokumentiert.

In der Betriebsvereinbarung wird die Bezahlung von Überstunden ausdrücklich ausgeschlossen. Die Überstunden nimmt Max daher als Freizeitausgleich und hat dadurch freie Tage, die er nach Absprache mit seinen Kolleginnen und Kollegen in Anspruch nehmen kann.

Mit der Werkstattleitung wurde vereinbart, dass am Ende eines Quartals alle Überstunden ausgeglichen sein sollen. Eine entsprechende Übersicht in der Zeiterfassung zeigt Max jederzeit den Stand seiner Soll- und seiner Ist-Stunden (pro Woche).

2. SoftwareEntwickler AG

Julia Schmidt ist als Softwareentwicklerin in einem Projektteam bei der SoftwareEntwickler AG tätig, das seine Arbeit nach agilen Methoden organisiert; alle Mitarbeitenden können selbstorganisiert in variabler Gleitzeit arbeiten. Während Überstunden nicht zur Norm gehören, treten sie doch in entscheidenden Projektphasen auf.

In solchen Zeiten arbeitet Julia erheblich mehr als die vereinbarten 40 Stunden pro Woche. Sie dokumentiert die geleisteten Arbeitsstunden im Zeiterfassungssystem. Übersteigt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in einem Monat die Grenze von 48 Stunden, erhalten Julia und ihre Vorgesetzte einen Hinweis.

Die SoftwareEntwickler AG erlaubt es ihren Angestellten, Überstunden flexibel in einem vorgegebenen Zeitraum zu sammeln und diese entweder in Freizeit umzuwandeln oder sich als Bonus auszahlen zu lassen.

Julia entscheidet sich dafür, ihre Überstunden im Rahmen eines halben Jahres zu sammeln. Kann sie diese Überstunden auf absehbare Zeit nicht durch Freizeit ausgleichen, meldet sie ihrer Personalstelle, dass sie die Überstunden gerne ausbezahlt bekommen möchte.

3. MaschinenBau Plus GmbH

Thomas Müller arbeitet als Produktionsmitarbeiter bei der MaschinenBau Plus GmbH, einem Unternehmen, das besonders in Zeiten hoher Nachfrage oder zur Einhaltung von Lieferterminen auf die Leistung von Überstunden angewiesen ist. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bietet die Firma ihren Mitarbeitenden die Option, sich für die zusätzlichen Arbeitsstunden eine zusätzliche Vergütung auszahlen zu lassen, die pro Stunde höher ist als der reguläre Stundenlohn.

Thomas leistet regelmäßig häufiger Überstunden als viele seiner Kolleginnen und Kollegen, weil er sein Einkommen erhöhen möchte. Die in einem Monat angesammelten Überstunden werden von der Personalstelle auf der Basis der Arbeitszeiterfassung ermittelt und mit der nächsten Gehaltsrechnung ausbezahlt.

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