ArbeitsrechtMobiles Arbeiten im Ausland – das ist zu beachten

Manche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen ihr Homeoffice ins Ausland verlagern und von dort arbeiten. Damit sind aber viele Fragen zur sozialen Absicherung und zum Arbeitsrecht verbunden. In diesem Beitrag werden die wichtigen Fragen kurz und prägnant beantwortet.

Steht Arbeitnehmern in Deutschland gesetzlich ein Anspruch auf mobiles Arbeiten im Ausland zu?

Grundsätzlich nicht. In Deutschland gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice oder mobiles Arbeiten, sondern es bedarf jeweils einer gesonderten Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Dies gilt erst recht für mobiles Arbeiten im Ausland.

Dies hat zuletzt auch das Arbeitsgericht München entschieden mit der Begründung, dass die Forderung nach mobilem Arbeiten im Ausland einen Klärungsbedarf im ausländischen und internationalen Recht auslöst. Der Arbeitnehmer kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den für die rechtliche Klärung notwendigen Aufwand und die Kosten übernimmt.

Reicht die Unterzeichnung eines Zusatzvertrags zum Arbeitsvertrag aus, damit Mitarbeitende im Ausland mobil arbeiten können?

Aus Arbeitgebersicht nicht. Die Zusatzvereinbarung dient dem Arbeitnehmer als Anspruchsgrundlage für das mobile Arbeiten im Ausland. Daneben werden die Details des mobilen Arbeitens im Ausland in der Zusatzvereinbarung geregelt; zum Beispiel die Dauer des Auslandsaufenthalts, Ausschluss der Vergütung von Reisezeiten oder ein etwaiges Rückrufrecht des Arbeitgebers sowie dessen Voraussetzungen.

Allerdings sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt die arbeits-, sozialversicherungs-, aufenthalts- und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen noch nicht ausreichend europa- und weltweit harmonisiert. Daher sollten vor einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung unbedingt die möglichen Risiken für den deutschen Arbeitgeber geklärt werden, bevor Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mobiles Arbeiten außerhalb Deutschlands vertraglich zugesagt wird.

Welche Vorlaufzeit sollten für das mobile Arbeiten im Ausland eingeplant werden?

Es ist eine Vorlaufzeit von rund acht bis zehn Wochen einzuplanen. Auch wenn die rechtlichen Voraussetzungen meist kurzfristig geklärt werden können, führt mobiles Arbeiten im Ausland zu einem administrativen Aufwand. Dazu zählt zum Beispiel, dass sozialversicherungsrechtliche Bescheinigungen beantragt werden müssen. Kurzfristiges oder spontanes mobiles Arbeiten aus dem Ausland ist in den meisten Fällen deshalb (noch) nicht möglich.

Ergeben sich für im Ausland arbeitende Beschäftigte arbeitsrechtlich Änderungen?

Ja. Obwohl der Auslandsaufenthalt meist auf einen ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin zurückgeht, gehen die in Deutschland zuständigen Stellen wie Krankenkasse und Rentenversicherung in der Regel von einer Entsendung durch den Arbeitgeber aus.

Nach einer neueren Auffassung wird auch vertreten, dass die vorübergehende Tätigkeit im EU-Ausland auf Wunsch des Mitarbeitenden eine sogenannte „Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten“ darstellen kann. Dies wird bislang beispielsweise dann angenommen, wenn ein Mitarbeiter in Deutschland eingestellt ist und regelmäßig für Arbeitseinsätze im EU-Ausland tätig ist. Rechtssicherheit, ob diese Praxis auf die Arbeitsaufenthalte im Ausland auf Wunsch des Mitarbeiters so ohne Weiteres übertragbar ist, gibt es nicht.

Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) beachten

Es sollten daher die Konsequenzen einer Bewertung als Entsendung im Blick behalten werden. Es müssen nämlich in diesem Fall die allgemeinen Arbeitsbedingungen am jeweiligen Arbeitsort gemäß dem deutschen Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) beachtet werden. Dies betrifft insbesondere:

  • Entlohnung
  • bezahlter Mindestjahresurlaub
  • Höchstarbeitszeiten
  • Mindestruhezeiten
  • Arbeitssicherheit

Meldepflichten nachkommen

Innerhalb der Europäischen Union sind zusätzlich entsenderechtliche Meldepflichten im jeweiligen Aufenthaltsland zu beachten, wenn es solche gibt. Bei Verstößen drohen Bußgelder, die die Behörden der Mitgliedstaaten unter Umständen im Gewerbezentralregister speichern. Das kann Unternehmen beispielsweise bei der Vergabe öffentlicher Aufträge benachteiligen.

Arbeitsstandards im Ausland beachten

Unabhängig von der Dauer des Auslandsaufenthalts gelten ab dem ersten Tag des mobilen Arbeitens außerhalb Deutschlands (innerhalb und außerhalb der EU) die zwingenden Mindestarbeitsbedingungen des jeweiligen Aufenthaltslandes. Daneben sollte, sofern nicht bereits im Arbeitsvertrag verankert, die grundsätzliche Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart werden.

Wo gibt es weitere Informationen zu den (Mindest-) Arbeitsbedingungen und Meldepflichten?

Leider gibt es bislang noch keine zentrale, offizielle Informationsquelle bezüglich der (Mindest-) Arbeitsbedingungen und entsenderechtlichen Meldepflichten. Daher müssen Arbeitgeber momentan für jedes Land prüfen oder prüfen lassen, welche (Mindest-) Arbeitsbedingungen gelten und welche entsenderechtlichen Meldepflichten sie einhalten müssen.

Was bedeutet mobiles Arbeiten für Mitarbeitende im Hinblick auf die Sozialversicherung?

Das hängt davon ab, in welchem Land der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin tätig ist.

Mobiles Arbeiten in der EU

Sofern die in Deutschland zuständigen Stellen das mobile Arbeiten im europäischen Ausland als Entsendung oder als „Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten“ bewerten, können Arbeitnehmer bei einer mobilen Tätigkeit innerhalb der Europäischen Union weiterhin in der deutschen Sozialversicherung versichert bleiben. Sie können dann auch Sachleistungen (Arztbesuche etc.) in Anspruch nehmen.

Ebenso ist eine Weiterversicherung in der Unfallversicherung möglich. Hinsichtlich der Unfallversicherung ist aber zu beachten, dass Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften eine Anmeldung von Auslandsreisen vorsehen können. Bei einem Verstoß gegen das Meldeverfahren hätte das gegebenenfalls zur Folge, dass die Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten nicht haftet.

Mobiles Arbeiten außerhalb der EU

Außerhalb der Europäischen Union ist zu prüfen, ob Deutschland mit dem Land, von dem aus der Mitarbeiter arbeiten will, ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat und welche Sozialversicherungszweige von diesem Abkommen umfasst sind. Wenn Deutschland mit dem jeweiligen Land kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, oder aber das Sozialversicherungsabkommen nicht alle Sozialversicherungszweige umfasst, besteht das Risiko, dass Mitarbeitende nicht mehr der deutschen Sozialversicherung unterliegen.

Die Folge wäre beispielsweise, dass Beschäftigte nach dem Auslandsaufenthalt nicht mehr ohne Weiteres in die deutsche Krankenversicherung zurückkehren können. Es kann aber auch der Fall eintreten, dass Mitarbeitende sowohl in Deutschland, als auch im Ausland sozialversicherungspflichtig sind.

Können Mitarbeitende während des mobilen Arbeitens außerhalb Deutschlands weiterhin Leistungen aus der deutschen Krankenversicherung geltend machen?

Nicht immer. Grundsätzlich ruht während eines Auslandsaufenthalts nämlich der Anspruch von gesetzlich Versicherten auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

EU: Krankenversicherung übernimmt die Kosten

Als Ausnahme gilt jedoch innerhalb der Europäischen Union, dass bei Aufenthalten innerhalb dieser Länder (unabhängig vom Zweck des Auslandsaufenthalts) der Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen bleibt. Die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) dient als Nachweis der Anspruchsberechtigung.

Alle anderen Länder: Arbeitnehmer muss zunächst selbst bezahlen

Außerhalb der EU-Länder müssen Arbeitnehmer die Behandlungskosten vor Ort jedoch grundsätzlich in vollem Umfang selbst bezahlen. Aber es wird eine Besonderheit des deutschen Sozialgesetzbuchs relevant: Werden Arbeitnehmer nämlich für ihren Arbeitgeber im Ausland tätig, erhalten sie im Krankheitsfall ihre Leistungen nach dem deutschen Sozialgesetzbuch von ihrem Arbeitgeber.

Dem Arbeitgeber steht dann ein Erstattungsanspruch gegen die deutsche Krankenversicherung zu, jedoch nur in der Höhe, in der die Kosten in Deutschland entstanden wären. Hier kann sich eine Differenz ergeben, wenn die Behandlungskosten im Ausland höher sind als in Deutschland oder wenn die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland die Kosten gar nicht übernimmt.

Zudem steht Mitarbeitenden beim mobilen Arbeiten im Ausland stets nur ein Anspruch auf den Behandlungsumfang zu, der am Behandlungsort (das heißt im Ausland) besteht. Im Krankheitsfall könnten Mitarbeitende deshalb unter Umständen auf ihren Arbeitgeber zurückgreifen und bezüglich des unterschiedlichen Behandlungsumfangs am Behandlungsort und in Deutschland bei ihrem Arbeitgeber Ansprüche geltend machen.

Privat krankenversicherte Arbeitnehmer: Vertrag prüfen

Bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern richtet sich der Versicherungsschutz im Ausland nach der jeweiligen Versicherungspolice. Auch bei grundsätzlichem Versicherungsschutz außerhalb Deutschlands besteht hier das Risiko, dass sich bezüglich der Kostenübernahme eine Differenz ergibt, die der Arbeitgeber zu tragen hat. Sofern kein Versicherungsschutz außerhalb Deutschlands besteht, kann der erkrankte Arbeitnehmer unter Umständen sogar in voller Höhe Rückgriff beim Arbeitgeber nehmen.

Lösung: Zusatzversicherung abschließen

Allerdings kann diesen Risiken gut begegnet werden, wenn der Arbeitgeber entweder die Mitarbeitenden verpflichtet, eine entsprechende Auslandskrankenversicherung abzuschließen, oder er selbst für alle Betroffenen eine entsprechende private Krankenversicherung abschließt.

Wer bescheinigt, welchem Sozialversicherungsrecht Mitarbeitende beim mobilen Arbeiten unterliegen?

Die Einzugsstellen in Deutschland prüfen auf Antrag des Arbeitgebers, ob die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter auch während der Auslandstätigkeit den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften in Deutschland unterliegt – zumindest, soweit dies von den Sozialversicherungsabkommen abgedeckt ist. Dazu gibt es dann eine Bescheinigung:

  • Für eine Tätigkeit innerhalb der Europäischen Union heißt die Bescheinigung „A1-Bescheinigung“.
  • Für Staaten, mit denen Deutschland Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, regelt das jeweilige Abkommen die Bezeichnung der Bescheinigung.

In allen anderen Fällen kann die deutsche Einzugsstelle zumindest feststellen, ob die betroffenen Beschäftigten weiterhin der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen. Hierfür kann der Arbeitgeber von der Internetseite der Einzugsstelle einen „Antrag auf Feststellung einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung (§ 4 SGB IV)“ herunterladen. Es ist möglich, dass ein Staat, mit dem kein Vertrag besteht, Ausnahmen von seiner Versicherungspflicht aufgrund einer deutschen Entsendebeschäftigung vorsieht.

Benötigen Mitarbeitende ein Arbeitsvisum für das mobile Arbeiten im Ausland?

Für EU-Staatsbürger ist mobiles Arbeiten EU-weit problemlos möglich (unter Berücksichtigung gegebenenfalls bestehender persönlicher Meldepflichten). Besonderheiten bestehen bei Staatsangehörigen von Großbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen sowie der Schweiz.

Nicht-EU-Staatsangehörige benötigen für mobiles Arbeiten innerhalb der EU grundsätzlich einen gesonderten Aufenthaltstitel oder eine Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit für das Land, in dem sie mobil arbeiten wollen. Deutsche Aufenthaltstitel erlauben zwar freie touristische Aufenthalte im Schengen-Raum, Erwerbstätigkeit jedoch überwiegend nur in Deutschland.

Außerhalb der EU ist auch für EU-Staatsbürger jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Erwerbstätigkeit der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters im Aufenthaltsland zulässig ist. Allein die Möglichkeit einer visumsfreien Einreise ermöglicht nämlich zumeist nicht gleichzeitig auch eine Erwerbstätigkeit, da die visumsfreie Einreise meist nur für touristische Zwecke möglich ist.

Müssen datenschutzrechtlich besondere Vorkehrungen für Mitarbeitende getroffen werden, die mobil im Ausland arbeiten möchten?

Für Mitgliedsstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR enthält die DSGVO keine zusätzlichen Anforderungen, wenn personenbezogene Daten übermittelt werden. Wichtig für Arbeitgeber ist, dass er sichere Übertragungswege nutzt, sobald die Daten das interne Netzwerk verlassen.

Bei einer mobilen Tätigkeit außerhalb der EU sollte der Arbeitgeber unbedingt prüfen, ob das Aufenthaltsland ein vergleichbares Datenschutzniveau gewährleistet. Ansonsten sind gegebenenfalls geeignete Garantien für Drittlandübermittlungen im Sinne der Artikel 44ff. DSGVO sicherzustellen.

Was sollte vor der Tätigkeit im Ausland noch beachtet werden?

Vor einer Zusage zur mobilen Tätigkeit im Ausland sollte unbedingt mit einer Steuerberatung geklärt werden, welche Risiken sich durch das mobilen Arbeiten im Ausland in Bezug auf die abzuführende Lohnsteuer oder aber die Gründung einer Betriebsstätte im Ausland ergeben.

Zudem sollten die Mitarbeitenden vor ihrer Reise die aktuellen Einreisebestimmungen prüfen (insbesondere hinsichtlich verpflichtender Quarantäne).

Wird mobiles Arbeiten im Ausland in Zukunft einfacher?

Vermutlich wird der Gesetzgeber zumindest für europaweites mobiles Arbeiten zeitnah eine Regelung treffen. In Deutschland sieht der Koalitionsvertrag von 2021 bereits einen Erörterungsanspruch bezüglich mobiler Arbeit vor. Dies betrifft zwar zunächst nur mobiles Arbeiten innerhalb Deutschlands. Der Koalitionsvertrag sieht aber auch vor, dass mobile Arbeit EU-weit unproblematisch möglich sein soll.

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